Obwohl mein Großvater, Eugen Bernhardt, bereits vor fast 40 Jahren verstorben ist, werde ich immer wieder auf eine Geschichte angesprochen und gefragt, ob sie wahr ist. Hierzu muss ich noch erwähnen, dass ihn nur die wenigsten unter seinem richtigen Namen kannten. Er war im Ort hauptsächlich als „Knorke„ bekannt.
Die Geschichte beginnt, wie so viele Geschichten aus dieser Zeit, zu später Stunde am Stammtisch im Schiff.
Es war der Winter der Seegfrörne, und es wurde intensiv diskutiert, ob das Eis auf dem See schon tragfähig sei und ob man mit dem Auto schon darauf fahren könne. Mit bei der Diskussion waren damals Peter und Herbert Beirer. Kurz entschlossen setzten sich die 3 dann in den 170er Daimler von Knorke und fuhren, dort wo heute der Steg der Hafenmauer 1826 ist, auf den See. Anfangs noch ohne Ziel entschied man sich unterwegs, nach Bodman zu fahren und sich dort im Löwen zu stärken.
Nachdem dies erfolgreich durchgeführt worden war, machten sie sich auf den Rückweg. Da hätte die Geschichte dann, als Knorke noch eine Runde durch den Hafenkopf vor dem Zollhaus fahren wollte, fast noch eine unglückliche Wendung genommen. Dies wurde durch einen Geistesblitz von Peter Beirer abgewendet, der sich nämlich daran erinnerte, dass dort die Eisdecke noch nicht geschlossen war. Daraufhin brach Knorke dieses Vorhaben ab und fuhr wieder an gleicher Stelle auf das Land.
Nachdem sie dann wieder im Schiff eingetroffen waren und dort die Überfahrt kundtaten, wurde Ihnen nicht geglaubt. Das konnten sie nicht auf sich sitzen lassen und boten den Zweiflern an, gegen die Gebühr eines Bieres im Löwen in Bodman die Fahrt mit Ihnen nochmal zu wiederholen. Nachträglich gesehen haben die Drei in der Nacht einen kleinen Ausflugsbetrieb eingerichtet, denn es gab immer wieder neue Interessenten und es wurden noch einige Fahrten in der Nacht unternommen. Die Gebühr wurde natürlich bei jeder Fahrt unverzüglich im Löwen in Bodman eingenommen. Der Erzählung nach waren die Fahrgäste fast ausschließlich „Lang-Schüler“, die zu der Zeit regelmäßig im Schiff anzutreffen waren. Einer dieser Lang-Schüler wollte partout seinen Wegzoll nicht bezahlen und musste dann von Bodman aus seinen Heimweg zu Fuß antreten. Es ist nicht ganz klar, ob er über den See oder durch den „Hangen“ zurück gelaufen ist. Mir wurde von Peter Beirer aber übermittelt, dass Knorke nicht sparsam mit zu der Zeit üblichen Beschimpfungen war, ihm vor seiner Nase die Tür zugeschlagen hat und ohne ihn abgefahren ist.
Wie oft der See in dieser Nacht überquert wurde und wie viel Wegzoll getrunken wurde, lässt sich leider nicht mehr feststellen, ich gehe davon aus, dass aber diese Unschärfe im direkten Zusammenhang miteinander gestanden ist.
So wie die Geschichte erzählt wird, war dies die erste Seeüberquerung des Überlinger Sees mit dem Auto.
Manche Zeitgenossen haben früher auch schon behauptet, dass Knorke der Erste war, der mit dem Auto über den Bodensee gefahren ist. Ob das so den Tatsachen entspricht, oder ob da ein wenig hinzugedichtet wurde, ist letztlich aber egal, denn allein der Umstand, wie das ganze zustande kam und umgesetzt wurde, ist einmalig.