Zeppelinwerft in Ludwigshafen I – War das wahr?

Ein riesiger Zeppelin über Ludwigshafen auf einer sehr alten Postkarte hat unser Interesse geweckt und viele Fragen aufgeworfen. Ansichten von Zeppelinen über kleinen Ortschaften sind im Allgemeinen kaum zu finden. Zur Inszenierung dieser zu Beginn des 20. Jahrhunderts sensationellen Erfindung und Ingenieursleistung boten Berlin, Köln, Frankfurt, New York und Rio de Janeiro oder die Pyramiden von Giseh viel spektakulärere Kulissen. Warum also gerade Ludwigshafen am Bodensee? Handelt es sich dabei vielleicht um eine Fotomontage eines geschäftstüchtigen Postkartenverlags? Oder ist die Aufnahme tatsächlich authentisch? Ganz gewiss ist es zu dieser fotogenen Konstellation nicht sehr oft gekommen. War der Fotograf also zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hatte seine Kamera gerade einsatzbereit? Verdanken wir dieses außergewöhnliche Foto daher einem glücklichen Zufall, oder war der Fotograf auf dieses Ereignis vorbereitet? Könnte es gar einen direkten Zusammenhang zwischen diesem Zeppelin und dem Dörflein geben, über dem er schwebt?

Bei der Durchsicht weiterer alter Ansichtskarten aus dieser Zeit -gemeint sind die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg- stießen wir auf eine Ansichtskarte, auf der eine seltsame Struktur am Seeufer zwischen Schlössle-Park und Strandbad zu erkennen ist. Eine sinnvolle Erklärung für dieses rätselhafte Artefakt hatten wir zunächst nicht. Es gleicht einem schwimmenden Gerüst, dem Skelett einer sich im Bau befindenden Konstruktionshalle, lang genug, um einen Zeppelin in sich aufzunehmen.

Dass in Ludwigshafen vor dem Hotel „Adler“ eine Autofähre gebaut und am 5. April 1952 vom Stapel gelassen wurde, kann man im Beitrag „‘Linzgau‘ – Kiellegung auf dem Werftplatz am SeeEnde“ lesen. Und dass der Uferbereich von Ludwigshafen aufgrund der räumlichen Nähe von Hafen und Bahnhof für die Bereitstellung und den Transport großer Mengen an schweren Gütern bestens geeignet ist, hat dem Ort im Zweiten Weltkrieg nicht zum Guten gereicht. Es war der Grund für einen folgenschweren Bombenangriff der amerikanischen Luftwaffe und das Ziel einer Jagdbomberattacke, von der das Hafengeländer am Zollhaus noch heute ein beredtes Zeugnis ablegt.

Sollte dieser Standortvorteil einer der Gründe dafür gewesen sein, Ludwigshafen als Produktionsstätte für Zeppeline ins Auge zu fassen? Ein Umstand, von dem man erwarten müsste, dass er auch nach 100 Jahren noch im historischen Gedächtnis der Einheimischen präsent ist. Aber alle unsere Anstrengungen, von unseren Altvorderen etwas darüber zu erfahren, liefen ins Leere. Allein der Verdacht, dass das komische Gerippe etwas mit einem Zeppelin zu tun haben könnte, veranlasste Andreas Eppler, eine Anfrage an das Zeppelin-Museum in Meersburg zu stellen. Von dort erhielt er sinngemäß folgende Nachricht:

„In Ludwigshafen unterhalb des Sees gab es keine Luftschiffhalle. Bekannt ist aber, dass das Luftschiff um diese Zeit sehr populär war, und so wurde vielleicht eine Halle in eine Lithographie hinein montiert, damit sich die Ansichtskarten besser verkaufen ließen. Eine Schiffswerft in Ludwigshafen ist uns nicht bekannt. Die Karte dürfte um 1910 gedruckt worden sein oder vielleicht sogar schon früher. Auch in Friedrichshafen sind Luftschiffe ein Jahr vor ihrer Fertigstellung auf alten Ansichtskarten abgebildet worden, noch bevor man genau wusste, wie sie aussehen würden.“

Damit schien die Sache entschieden und unsere spektakuläre Entdeckung als „Fake News“ entlarvt zu sein. Geschichtsfälschungen sind uns allen ja bestens bekannt.

Doch dann stießen wir auf weitere Ansichtskarten, die von unterschiedlichen Verlagen stammen und aus verschiedenen Perspektiven die mysteriöse Struktur an genau derselben Stelle zeigen. Zwei dieser Bilddokumente sind Teil einer umfangreichen Postkarten-Sammlung, die Gerda Winterhalter, geb. Sulger, von ihrer Heimatgemeinde angelegt hatte.
Zwischen beiden Karten lesen wir den Kommentar: Auf dem Gerüst am See sollte ein Zeppelin gebaut werden. Ab Haus Mollweide in Richtung Strandbad.“
Von wem sie diese Information erhalten hat, ist nicht bekannt. Auch nicht, ob am Seeende tatsächlich einmal ein Zeppelin fertiggestellt wurde. Ebenso unklar bleibt, ob das Gebilde ein schwimmendes Dock darstellt oder den Rumpf eines Zeppelins selbst. Es gibt bislang keine schriftlichen Quellen dazu, nur diese Postkarten.

Für die eingangs gestellte Frage, wie wahr und wie zufällig das Foto vom Luftschiff über Ludwigshafen ist und warum ausgerechnet ein vergleichsweise „unbedeutender“ Ort diesem Ereignis eine Kulisse bot, könnte es nun die spekulative Erklärung geben: Womöglich handelte es sich um die angekündigte Jungfernfahrt eines hier gebauten Zeppelins.


Wohin auch immer diese Bilder den kritischen Blick oder die Fantasie der Betrachter zu lenken vermögen, wenn es diese Struktur wirklich gegeben hat, ist unsere Gemeinde um eine kleine geschichtliche Sensation reicher. Angesichts dieser, von einander unabhängigen Bilddokumente, sind wir der festen Überzeugung:
Es hat sie gegeben!


Schwimmende Zeppelinwerften auf dem Bodensee

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