Der Gießbach – Das schlafende Monster

So sehr sich manch einer einen eigenen Swimmingpool wünscht, so unerfreut ist er darüber, wenn sich ein solcher eigenmächtig im Keller seines Hauses bildet.

Verantwortlich für derlei Überraschungen ist ein normalerweise friedliches Bächlein, an heißen Tagen wenig größer als ein Rinnsal. Der Gießbach. Er ist zu manchen Zeiten ebenso gefürchtet wie noch vor wenigen Generationen die „Gießlocher“ selbst, also die einst vermeintlich ungestümen Bewohner des seefernen Ortsteils „Im Gieß“ von Ludwigshafen. Denn, wenn das Bächlein zu viel Regen abbekommt, sein „Loch“, die Gießbachschlucht verlässt und sich seinen Weg mitten durch das Dorf bahnt, richtet es eine Menge Unheil an.

Mag sein, dass es sich daran erinnert, wie es früher einmal unter freiem Himmel geraden Weges zum See geflossen ist und ihm daher heute jedes Unwetter gelegen kommt, um gegen die Einengung aufzubegehren, die es durch die Kanalisierung erfahren hat.

Mag sein, dass es sich nicht anders zu helfen weiß, wenn es von dem vielen Wasser überrascht wird, das ihm aufgrund der veränderten Infrastruktur in seinem Einzugsgebiet neuerlich zufließt.

Am 21.07.2017 war es dann mal wieder so weit.

Für den Gießbach gab es kein Halten mehr. Keller liefen voll, Wohnräume wurden überflutet. In 96 Fällen rückte die Feuerwehr an. In anderen Haushalten versuchte man, der Situation selbst Herr zu werden. Fairerweise muss hier gesagt werden, dass der Gießbach zu diesem Desaster zwar kräftig beigetragen hat, allein verantwortlich dafür war er aber nicht. Über Unwetterereignisse in Ludwigshafen gibt es auf der Facebook-Seite von Andreas Eppler Interessantes zu lesen. Und wie es danach um den Gießbachtobel selbst bestellt war und wer ihm zu Hilfe kam, darüber verfasste Friedrich Strub einen eindrucksvollen Bericht im Südkürier.

In Zukunft soll es nun mit derlei Eskapaden des „schlafenden Monsters“ vorbei sein. Die Gemeinde hat unter Bürgermeister Weckbach in den letzten Jahren enorme finanzielle und technische Anstrengungen unternommen, Wehre errichtet, Geröllgitter gebaut, Wassersammlungsbecken und Rückstauflächen geschaffen, damit außergewöhnliche Wetterphänomene nicht mehr in kleinen Katastrophen enden.

Trotz alledem wird dem Gießbach von „Häflern“ die ihm gebührende Wertschätzung entgegengebracht. Nachdem man ihn bei der Schnabelburg gezwungen hat unterzutauchen, wird ihm später noch einmal erlaubt, sich in Erinnerung zu rufen, bevor er dann erneut unterirdisch dem See zufließt, wo er auf dem Mollweide-Areal das Festland verlässt und für immer verschwindet.

Der renaturierte Gewässerlauf ist für die vielen Kinder des Ortsteils rund um den Unterlauf des Gießbachs, in dem sogar eine Straße nach ihm benannt wurde, ein perfekter Abenteuerspielplatz. Hier kann man Libellen beobachten, Wasserräder bauen, nasse Füße bekommen und vielleicht mal einen Frosch quaken hören.

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