Der SeeEnd-Wald hat, wie viele andere Waldregionen, seine eigene Entwicklungsgeschichte, Nutzungsformen und auch Herausforderungen, die mit intelligenten Konzepten und einer „grünen“ Hand gemeistert werden müssen. Dafür gibt es in den meisten Gemeinden einen Revierleiter, der sich um alle notwendigen Maßnahmen für den örtlichen Wald kümmert, wie bei uns am SeeEnde in der Person Alexander Fischer.
Der Wald ist eine besondere Landschaft, die normalerweise dicht mit Bäumen bewachsen und über eine eigene, vielfältige Tier- und Pflanzenwelt verfügt. Die Bäume des Waldes faszinieren uns durch ihr staatliches Aussehen und das hohe Alter, als unvergleichlicher Schattenspender oder mit den brillanten Farben der Blätter im Frühjahr und Herbst. Noch faszinierender sind die „Inneren Werte“, mit denen sie uns täglich versorgen und schützen. Die Wälder sind die Lungen unseres Planeten. Durch Photosynthese binden sie CO2 aus der Luft, das selbst nach dem Absterben des Baumes noch lange Zeit im Ökosystem Wald verbleibt. Ihre tiefen, weit verzweigten Wurzeln schützen die Böden vor Erosion, halten Wasser zurück und geben es langsam an Bäche und Flüsse wieder ab.
Das Holz der Bäume ist aber seit vielen Jahrhunderten auch ein wichtiges Nutzmaterial und das Produkt „Holz“ entwickelte sich seit dem Hochmittelalter und bis heute zu einem lukrativen Wirtschaftsgut. Im frühen Mittelalter war fast ganz Europa von dichten Wäldern bedeckt. Doch die Menschen begannen schon im Altertum, viele Wälder abzuholzen. Sie benötigten Holz für den Haus- und Schiffsbau, für Brücken und unterschiedlichste Geräte. Außerdem war Holz zum Wärmen in den Wintermonaten oder für die Herstellung von Holzkohle eine ideale Ressource.
Auch am SeeEnde war das Holz immer ein zentrales Wirtschaftsgut. Wie auf alten Bildern zu sehen ist, war am Zollhaus lange Zeit ein riesiger Umschlagsplatz, wo Holz, mit dem Schiff vom Bodanrück und der näheren Umgebung herangeführt, zum Weitertransport mit Fuhrwerken oder der Bahn gelagert wurde. Gemäß einem Hinweis von Graf Bodman, war der Eichenbestand auf dem Bodanrück in Krisenzeiten einmal die zentrale Einnahmequelle, um den gräflichen Betrieb ohne größeren Schaden fortzuführen.
Ebenfalls ist auf älteren Bildern zu erkennen, dass der Waldbestand in der SeeEnd-Gemeinde bei weitem nicht so ausgeprägt war wir heute. Es gab große Flächen für den Weinanbau, ausgedehnte Wiesen für das Nutzvieh und viele Reihen mit kultivierten Hochstämmen, wie Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Äpfel. Nach der Zerstörung der Reben durch die Reblaus und dem Rückgang der bäuerlichen Betriebe, eroberte der Wald einen Großenteil der freigewordenen Flächen, der andere Teil wird bis heute für hochstandardisierte Apfelplantagen genutzt.
Noch heute sind Wälder für die Wirtschaft wichtig – auch am SeeEnde. Die folgende Grafik zeigt eine Holzverarbeitungsstatistik der letzten 170 Jahre, die verdeutlicht, wie die Holzerntemasse, trotz einer stabilen Waldfläche (Holzboden) von ca. 370 ha (entsprechen 3.700.000 qm), stetig gestiegen ist. Hierzu gehört viel Wissen über die Balance der Abholzung und Aufforstung, der Umtriebszeit der vorhandenen Bäume, sowie ein strategischer – über Jahrzehnte – notwendiger Blick, wie sich Baumarten und Klima verändern werden.
Doch immer stärker rückt in den Vordergrund, dass die Wälder nicht mehr durch eine durchgetaktete Forstwirtschaft gekennzeichnet sind, die kleinräumige Lebensstrukturen zerstören, große Erntemaschinen den Boden verdichten, Monokulturen für verschiedene Tierarten keinen Lebensraum bieten und diese durch äußere Einflüsse nicht widerstandsfähig genug sind. Auch für den Tourismus spielt ein gesunder, artenreicher Wald eine äußerst wichtige Rolle.
Hier liegt eine der zentralen Aufgabe unseres Revierleiters Alex Fischer. Ein gesunder, durch Artenvielfalt geprägter Wald! Naturnahe und artenreiche Wälder mit unterschiedlichen Baumarten sind besser gewappnet gegen die Klimakrise. Einer seiner Forderungen ist: „Wir müssen verstärkt auf Laubmischwälder setzen, die Stürmen und Trockenperioden besser standhalten. Je vielfältiger die Baumarten, desto besser ist es für den Wald. Falls eine bestimmte Baumart der Klimakrise zum Opfer fällt, überleben noch andere Baumarten, die den Wald am Standort erhalten. Auch das gesamte Erscheinungsbild des Waldes wirkt reichhaltiger und abwechslungsreicher“.
Die geschichtliche Entwicklung der Baumarten am SeeEnde zeigt die nächste Grafik. Seit 1984 werden jährliche Waldzustandserhebungen (WZE) durchgeführt, eine periodische Stichprobeninventur über die Vitalität des Waldes. Ebenso werden Reports angefertigt, die im 10 Jahresrhythmus die Entwicklung der Baumarten am SeeEnde dokumentieren. In der Grafik ist gut zu erkennen, dass die Artenvielfalt und damit die Resilienz unseres Waldes deutlich zugenommen hat. Doch nicht nur die zu erstrebende Baumverteilung ganz rechts zu erreichen, sondern auch auf die kurz-, mittel- und langfristigen Veränderungen zu reagieren ist eine große Herausforderung für den Revierleiter.
Dazu gehört z.B. das Betrachten und Erforschen von fremdländischen Hölzern, die der Klimaerwärmung besser standhalten. Doch nicht nur die Gesundheit der Bäume macht ihm stellenweise Kopfzerbrechen, sondern auch die steigende Anzahl von Spaziergängern, Wanderern und Mountainbiker auf Abwegen. Der Freizeitdruck sei bereits ein Problem und werde wohl noch steigen. Manchmal stehen Wohnmobile mitten im Wald oder Besucher campen wild in Schutzzonen. Das stört viele Tierarten, aber auch Jäger bei ihrer Arbeit, die versuchen das Gleichgewicht im Wald aufrecht zu erhalten.
Alex Fischer sieht neben allen Herausforderungen viel mehr die grundlegende Bedeutung des Waldes als Lebensraum für Mensch und Tier. Wälder liefern Rohstoffe, allem voran Holz, Wälder dienen als natürliche Lärmschutzwälle, sind Orte für Erholung, Bildung und Naturerlebnis, Wälder beeinflussen das Klima klein- und großräumig, beeinflussen positiv den Wasserkreislauf sowie die Reflexion der Sonnenenergie, Wälder sind wichtige Kohlenstoffspeicher und sorgen für Schutz vor Erosion, Wälder filtern Staub und Schadstoffe aus der Luft. Eine faszinierende, lebendige „Öko-Maschine“.
Er wisse nicht genau, wie die Zukunft des Waldes einmal tatsächlich aussieht, aber das Bild des örtlichen Waldes werde sich verändern.