SeeEndflotte – „Schiff Ahoi und allzeit Gute Fahrt“

Der zeitliche Strahl der erwiesenen Bodenseeschifffahrt reicht über 2000 Jahre zurück. Der Historiker Strabon bezeugt mit seinen Berichten eine antike militärische Seeschlacht auf dem Bodensee im Jahre 15 v. Chr. Der Bodenseeraum gehörte lange Zeit zur römischen Provinz „Rätien“ und die Bodenseeschifffahrt erfuhr durch diesen Verbund starke Impulse für einen ausgiebigen Handels- und Personenverkehr. Der Bodensee hatte schon immer eine günstige Lage für den aufkommenden transalpinen Handel. Zum Schutz vor Überfällen der Alemannen wurden in den großen römischen Städten Konstanz und Bregenz Bootsflottillien stationiert.

Die Wurzeln der Bodenseeschifffahrt liegen vermutlich in der Mittelsteinzeit. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Jäger und Sammler mit primitiven Einbäumen das Wasser befuhren, wie gut erhaltene prähistorische Funde von Pfahlbauten belegen.

Im Mittelalter wurden die bekannten Strukturen, Handelswege und Kenntnisse der Bodenseeschifffahrt weiterentwickelt. Auch bei der christlichen Missionierung des Bodenseeraums spielte die Schifffahrt eine einflussreiche Rolle, denn die großen Bodenseeklöster verwendeten Boote, um die räumlich voneinander getrennten Besitztümer zu überbrücken.

Die mittlerweile hohe wirtschaftliche Bedeutung der Bodenseeschifffahrt, im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, wurde durch den Druck, der im Hinterland des Bodensees liegenden Städte verstärkt. Diese wollten am grenz- und regionsumspannenden Handel teilhaben und trieben den Ausbau der Schiffbarmachung von Zuflüssen voran. Es entstanden neue, größere Schiffstypen, wie Marktschiffe und Lastensegler, die Personen und Verkaufsgüter zwischen den Zielorten transportierten.

Im frühen 19. Jahrhundert wurde eine neue Ära durch die Bodensee-Dampfschifffahrt eingeläutet. Diese verdrängte alle bisherigen Lastensegler, da die sogenannten Glattdeckdampfschiffe ohne Wind an jede Stelle des Bodensees kamen. Das erste Dampfschiff war die Indienststellung der württembergischen „Wilhelm“ am 10. November 1824. Es folgte die Gründung der Dampfschifffahrtsgesellschaft, am 12. Juli 1830 in Konstanz für Bodensee und Rhein, die 1832 die beiden Glattdeckdampfer „Leopold“ und „Helvetia“ in Dienst stellte. Die „Leopold“ befuhr den Obersee und den Überlinger See, wohingegen die „Helvetia“ den Untersee und den Rhein bis Schaffhausen befuhr.

Das Dampfschiff Leopold am Zollhaus. Linker Rand: Schlößchen mit Parkanlage.

Die ersten neu gebauten Schiffe befanden sich in privater Hand, gingen aber zwischen 1854 und 1863 in den Besitz der drei staatlichen Eisenbahngesellschaften Badens, Württembergs und Bayerns über. Nach 1871 kam vermehrt die Personenbeförderung durch Salondampfschiffe hinzu, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit einem Petroleum- oder Dieselmotor Antrieb versehen waren.

Die ersten Passagiermotorboote wurden 1895 in Bodman in Dienst gestellt. Bodman wollte den Anschluss an die Bodenseegürtelbahn erreichen, die am 18. August 1895 einen weiteren Streckenabschnitt von Stahringen nach Überlingen in Betrieb nahm. Auf Initiative und finanzieller Beteiligung des gräflichen Hauses wurde im Jahre 1894 die Motorbootgesellschaft Bodman GmbH gegründet. 1895 bereits die Zwillingsboote „Luise“ und „Hilda“ in den Schiffsverkehr aufgenommen, benannt nach den Badischen Großherzoginnen. Anfänglich war der Bootsbetrieb nur für Personen-, Post- und Frachtbeförderung zwischen Bodman und dem Bahnhof Ludwigshafen gedacht, der an die durchgehende und eingleisige Bodenseegürtelbahn angeschlossen war.

Doch bald waren die Schiffe auch für Sonderfahrten, Schulausflüge und besondere hohe Anlässe im Einsatz. Als die Marienschlucht Anfang des 20sten Jahrhunderts erschlossen war, konnte der Personenverkehr in den Sommermonaten im See-Quadrat – Bodman, Marienschlucht, Sipplingen und Ludwigshafen – ausgedehnt werden. Schon bald waren die „Hilda“ und „Luise“ zu klein und bereits 1913 konnte ein zusätzliches Schiff mit Namen „Bodman“ ins Wasser gelassen werden. Die „Bodman“ fasste, anstelle der bisherigen 27 Sitzplätze, bereits 100 Personen und bot mit leicht gepolsterten Holzbänken schon etwas mehr Komfort. Mit diesem Schiff wurde der Kursbetrieb nach Überlingen ausgedehnt. Das ansehnliche Schiff erweiterte mehr und mehr mit Sonderfahrten für Vereine, Kurgäste, Schülertransport und sonstige Anlässe sein Angebot. Sie versah ihren Dienst bis 1967 und wurde etwas später auf den Neckar nach Stuttgart verkauft.

Mitte der 1920er Jahre wurde ein Schiffsneubau bei der Bodanwerft in Kressbronn in Auftrag gegeben, da „Luise“ und „Hilda“ die steigende Zahl der Fahrgäste nicht mehr bewältigen konnten. 1927 wurde ein neues Schiff mit dem Namen „Frauenberg“ ausgeliefert und versah, gemeinsam mit der „Bodman“, ihren verlässlichen Dienst.

Im Jahre 1960 kam ein weiteres Schiff, die „Kaiserpfalz“ zur SeeEnd-Flotte nach Bodman. Es wechselte von Köln am Rhein an den Überlinger-See, hieß auf dem Rhein noch „Leverkusen“ und war mit 120 Personen Fassungsvermögen, sowie einem 225 PS Dieselmotor ein flottes Schiff auf dem Wasser. Doch 1962, auf Höhe Nonnenhorn, brach im Maschinenraum der MS „Kaiserpfalz“ plötzlich ein Brand aus und erfasste das ganze Schiff. In letzter Minute, mit aufkeimender Panikstimmung an Bord, konnte es an Land gesetzt werden, bevor es völlig ausbrannte. 70 Passagiere verließen das Boot ohne Blessuren, es gab glücklicherweise nur zwei Leichtverletzte. Erst nach einem einjährigen Wiederaufbau konnte das Boot den Betrieb wieder aufnehmen und versah ihren Dienst bis zum Frühjahr 1973, ohne größere Vorkommnisse. Schiffsunglücke gab es immer wieder auf dem Bodensee, von denen ca. 300 bekannte Wracks am Grunde des Sees registriert sind. Schätzungen zufolge wohl noch einige mehr.

Die brennende Kaiserpfalz vor Nonnenhorn

Im Jahr 1967 wurde die „Frauenberg“ ausgemustert und als Ersatz dafür kam die „Forelle“, die von der Bundesbahn erworben wurde. Sie war hauptsächlich auf dem Kurs nach Überlingen unterwegs und bereits 1979 wieder stillgelegt, denn der Bedarf für ein größeres Schiff war zwingend gegeben. Die neue „Bodman“, die mehr als 200 Personen fassen konnte, ersetzte die „Forelle“ mit ihren lediglich 85 Sitzplätzen. Mit einer Länge von 31 Metern, einer Breite von 5,12 Metern und einem 230 PS Dieselmotor, war es das neue Flaggschiff der Motorbootgesellschaft.

Im Jahr 2000 kam die „MS Großherzog Ludwig“ zur Motorbootgesellschaft und ergänzte den Kursverkehr, die Rund- und Sonderfahrten, sowie Charteraufträge. Nach finanziellen Problemen passte sich die Geschäftsführung der Marktlage an und reduzierte ihre Flotte im Jahr 2010 auf das Motorschiff „Großherzog Ludwig“. Grund war die zum 31. Dezember 2009 endende Zulassung der „Bodman“, die 1958 gebaut und seit 1979 ihren Dienst versah. Reparaturen und Umbauarbeiten hätten die Gesellschaft finanziell überfordert und deshalb entschied man sich für diesen „Ein-Schiff“ Strategiewechsel und die Bodman wurde ausgemustert.
Heute ist die Motorbootgesellschaft Bodman aufgelöst und in den Eigenbetrieb der „Energie, Versorgung, Verkehr“ (EVV) der Gemeinde Bodman-Ludwigshafen eingegliedert.

Die seit über 125 Jahren bestehende Kurs-Linie am SeeEnde ist für die touristische Erschließung unverzichtbar. Sie ist Anziehungspunkt und pure Freude für jährlich tausende Feriengäste und Touristen. Gemäß dem Seefahrer-Spruch: „Schiff ahoi und allzeit gute Fahrt“, genießen sie die Freiheiten auf unserem Bodensee in vollen Zügen, eingebettet in eine malerische Wald- und Hügellandschaft.


Mehr als eine Randnotiz

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Holzboot „Marienschlucht“ erworben. Durch einen längeren Landaufenthalt war der Holzrumpf ausgetrocknet und die „Marienschlucht“ begann unterzugehen. Sie wurde aufgehängt und getrocknet.

Bei der Seegfrörne im Jahre 1963 ist sie eingefroren und der Rumpf wurde stark beschädigt. Als das Eis schmolz, ist die „Marienschlucht“ vollgelaufen und auf Grund gesunken. Letztendlich wurde sie gehoben und zu Brennholz zersägt. So hat auch der Bodensee seine Geschichte mit der „Titanic“.

(Links: Eingefrorene „Frauenberg“ 1963)

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