Vom Ostsee-Fischerjungen zum Bodenseekapitän

Ich möchte euch mit dieser SeeEnd-Geschichte an den Fritz aus Bodman erinnern.
Kennt jemand noch den Fritz? Meistens war er vielbeschäftigt im Ort unterwegs.
Seine Merkmale: groß, schlank, dunkle Haare, blauer Anton. Sein Spitzname: der „Fritze flink“.
Fritz kam in den 70er Jahren nach Bodman nach einer Odyssee, die viele Heimatvertriebenen nach dem Krieg erleiden mussten. Für einen Fischerjungen aus „Pillau“ war es selbstverständlich zur Marine zu gehen. Er war während des Krieges als Bootsmann auf einem U-Boot in den französischen Gewässern und an guten Tagen auch mal in den Hafenstädten unterwegs. Seine „Matrosen-Französischkenntnisse“, gab er bei Gelegenheit gutgelaunt und schelmisch in Bodman zum Besten. „Mademoiselle,voulez vous coucher avec moi“.

Der Krieg war aus, die Heimat verloren und die „Pillauer“ in alle Winde verstreut.
Fritz fand im Ruhrgebiet eine neue Heimat und malochte bei Krupp als Schweißer, aber das Meer fehlte ihm. Zum Glück hatte er einen guten Bekannten, den Herrn von Reclam, der für seine Segelschule in Bodman einen Segellehrer suchte und einen Besseren als Fritz gibt es einfach nicht.

So verlegte Fritz seine Liebe zum Meer auf die Liebe zum See und brachte den Schülern das nötige Handwerkszeug bei. Knoten auch blind auf dem Rücken zu knüpfen, gehörte dazu. Probiert das mal an einem Palstek. Er konnte auch wunderbar spleißen.

Als ein vielbeschäftigter Frauenarzt sich in Bodman ein Haus baute, um sich an den Wochenenden von der anstrengenden Geburtshilfe zu erholen, fand er mit Fritz einen zuverlässigen Mieter, der Haus und Garten mit Hilfe seiner lieben Frau Paula in Schuss hielt und sehr stolz war über die Gartenprämien, die es damals noch gab.

Die Liebe zum Wasser ließ ihn nie los. Als der Segelschulbetrieb eingestellt wurde, arbeitete Fritz am gräflichen Steg in Bodman, Boote für die Segelsaison klarzumachen. Er hatte selbst eine Varianta am Steg liegen, mit der er an Regatten teilnahm und oft gewann. Fritz half überall im Ort gerne mit, wenn jemand gebraucht wurde, sei es bei der Apfelernte oder beim Fischen.

Die Zeit bleibt nicht stehen und liebe Menschen verlassen uns. So musste er den Tod seiner lieben Frau verkraften. Auf die Frage wie er allein zurechtkomme meinte er: “Ein Seemann geht nicht unter“. Er kochte sich seinen warmen Kartoffelsalat und hatte immer einen Vorrat geräucherten Fisch im Kühlschrank und eine Flasche guten Cognac in der Hausbar.

Mit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ war es den heimatvertriebenen Ostpreußen möglich geworden, ihr Heimatland wiederzusehen und so bestieg er mit vielen anderen „Pillauern“ die Ostseefähre, damit sie die alte Heimat besuchen konnten. Die ARD-Tagesschau zeigte damals dieses Ereignis und man sah Fritz weinend an der Reling stehen. Abends ging es aber lustig zu mit Tanz an Bord.
Dabei traf er seine Schulkameradin Else wieder, die in Köln lebte und verbrachte die letzten
Lebensjahre mit ihr in Bodman.

Die nächste Generation, der Sohn des Frauenarztes und dessen Familie, kamen nun an den
Wochenenden nach Bodman. Fritz gehörte schon zur Familie, sprach mit den Kids in seinem ostpreußischen Dialekt: „Was macht die Schule, ule ule?“, was jedes Mal zu Lachanfällen führte.

Fritz war immer fleißig. Mit über 60 legte er noch die Prüfung ab, um ein Fahrgastschiff führen zu können und fuhr dann Bodmaner Gäste zur Insel Mainau. Er trug dabei seine schicke Kapitänsmütze. Im Dampfbootverein (DDV) zählte er zu den ersten Mitgliedern.

In seiner Werkstatt war er kreativ tätig mit seinen sehr schön gestalteten Knotentafeln. Darauf gibt es vom einfachen 8-Knoten bis zum hochkomplizierten Wurfleinenknoten alles. Vielleicht hängt in manchen Bodmaner Häusern noch so eine Tafel als Wandschmuck.

Im Jahr 2008 starb er nach Nachlassen seiner Kräfte in dem Haus, in dem er ca. 40 Jahre gelebt hatte. Seine letzten Worte an uns waren: „Geht immer hart an den Wind, aber nicht zu hart“.
Und ich glaube, das war auch sein Lebensmotto.

(In Memoriam an Fritz Schöttke, von Waltraud Lehmann)

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