Die Torkeln von Bodman.

Mit freundlicher Unterstützung von Wildrich Graf von und zu Bodman.

Der Weinbau spielte in Bodman bis in das 19. Jh. eine bedeutende Rolle. Verdünnter Wein – bisweilen mit Kiefernharz haltbar gemacht – war das Alltagsgetränk der Bevölkerung. Nach einem Bericht aus dem Jahr 1868 des Weinsberger Weinhistorikers Immanuel Dornfeld, führte bereits im Jahr 884 Kaiser Karl III (Karl der Dicke), Urenkel Karls des Großen, im Weinberg seiner Pfalz in Bodman die Blaue Spätburgunderrebe aus Burgund ein.

1865 wurde auf der Gemarkung Bodman noch 27 ha Rebland ausgewiesen, 1895 waren es noch 16,43 ha und heute ist nur der traditionsreiche Königsweingarten mit 1,40 ha übrig. Die Reblaus hat den Weinbau, auf beiden Seiten des SeeEndes zum Erliegen gebracht, zu Gunsten des Apfel- und Gemüseanbaus. Seit Anfang des 17. Jhs. werden zwei Torkelgebäude in Bodman erwähnt. Die untere und die obere Torkel (von lat. torquere: drehen, pressen), die beide als Neubauten aus dem 18. Jh. erhalten sind.

Die untere Torkel, die Dreschtorkel (Seestr. 22), erbaut 1773, wurde nach dem Rückgang des Weinbaus bis Mitte des 20. Jh. als Standort der Dreschmaschine für die Bodmaner Getreidebauern genutzt und schließlich zu einer Gaststätte und Wohnungen umgerüstet. Für den Wiederaufbau der oberen Torkel, der Schlosstorkel (Am Torkel 4), im Altort zwischen ehemaliger Schmiede und der bischöflich-konstanzschen Zehntscheuer, fand am 13. Juli 1772 das Richtfest statt. Es wurde ein mächtiger, ortsbildprägender Fachwerkbau mit anderthalb Geschossen, einem Walmdach, Ausfachungen in Backstein und in den oberen Reihen mit ornamental gestalteten Lüftungsöffnung. In der Werkhalle im Erdgeschoss befindet sich eine eindrucksvolle Kelter, der Torkel, auf dem 20 Fuder (1.000 Liter) Trauben zu Weinmost gepresst werden konnten.

Freiherr Franz v. Bodman (+1833) beschreibt in seinem Tagebuch über den Ersatz des Torkelbaums im Jahr 1823: im März wurde die Eiche im Gewann  Brunnenstube auf der Gemarkung Langenrain „ausgegraben“, im April zugerichtet und am 30. August nach Bodman transportiert. Er schrieb: „Führung des Torkelbaums mit 8 Pferden und 6 Ochsen, von morgens 5 Uhr bis abends“. Am 5. September wurde der Torkelbaum „gelegt“. In der Werkhalle befindet sich noch eine weitere Kelter mit Zentralspindel und eine ehemalige Obstpresse. Bis in die 1960er Jahre wurden – dann in einer modernen Öldruckpresse – in der Torkel Reben aus dem „Königsweingarten“ und Mostobst gepresst.

Die oberen Geschosse wurden zur Getreidelagerung genutzt. Die Getreidesäcke konnten über einen Aufzugserker mit dem Aufzugsgöpel in die Speicher gebracht werden. Unter dem Erker befindet sich eine Sandsteinplatte mit den Wappen des Erbauerpaares Bodman/Hacke und dem Hinweis, dass es sich 1772 um einen Wiederaufbau (reaedificabit) handelte. In den südlichen Anbau zur Lagerung der Sammelbehälter (Butten), wurde 1972 eine Gaststätte eingerichtet, die bis 2018 nutzbar blieb und von verschiedenen Pächtern betrieben wurde. Legendär war die „Torkelstube“ der „Morgiane“ Leuze mit ihren Märchenlesungen und „des Grafen Lieblingssuppe“ oder die Bilderfeste mit Ausstellungen des Konstanzer Kunstmalers Claudio Bäuerle. Nach einer Generalsanierung 2019/20 zog das „Urweltmuseum Bodman“, eine Filiale des Museums Hauff in Holzmaden auf der Schwäbischen Alb, in das Baudenkmal ein. Die Besucher können dort aus dem Schiefer der Alb herausgearbeitete Skelette der Tierwelt aus dem Jurameer vor 180 Millionen Jahren erleben: Saurier, Fische, „Seelilien“, „Amoniten“ und „Belemiten“ und vieles mehr.

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