Das Gasthaus Krone – von der Buchbinderei zum gesellschaftlichen Zentrum

Das Gasthaus Krone wurde 1870 als Landgasthof Krone von Kaspar Specht gegründet. Die Lage zwischen Kirche und Rathaus war ziemlich ideal, deshalb findet man in vielen Dörfern eine Wirtschaft neben der Kirche.

Die Krone – zwischen Kirche und Rathaus

Nicht nur die Freude auf den Frühshoppen nach dem Kirchgang hat wohl stets zu einer symbiotischen Koexistenz von Kirche und Wirtshaus geführt. Viele kirchliche Feste führen auch zu privaten Feiern, wie Taufe, 1. Kommunion, Hochzeiten und Beerdigungen. Sehr viele dieser Familienfeiern in Ludwigshafen wurden in der Krone gefeiert und so wurde die Krone über die Jahre auch zu einem gesellschaftlichen Zentrum in Ludwigshafen.

Neben der Gastwirtschaft mit Fremdenzimmern war im hinteren Teil des Gebäudes bis in die 60-er Jahre ein landwirtschaftlicher Betrieb, so wie es zu jener Zeit vielerorts üblich war. Eher überraschend mag für den Leser sein, dass das Gebäude eine Buchbinderei beheimatete, bevor es zum Gasthaus wurde. Möglicherweise war zwischenzeitlich auch noch eine Bäckerei darin untergebracht, doch hier sind sich die Familienmitglieder uneins. Als Autor dieses Artikels halte ich dies für sehr gut möglich. Ludwigshafen wies schon eh und je eine erstaunlich hohe Bäckereidichte auf.

Das Gasthaus Krone in den 30-er Jahren

Im Jahr 1900 übergab Kaspar Specht den Betrieb an seinen Sohn Wilhelm Specht. Womit die Ära der Willi Spechts eingeläutet wurde. Denn Wilhelm Specht übergab die Krone 1925 an seinen Sohn Wilhelm Specht jun., der den älteren unter uns als „Kronen-Päper“ bekannt war. Er war eines der speziellen Originale in Ludwigshafen und im Ort vielfältig engagiert. In die Geschichte des Narrenvereins Ludwigshafen ist er als „Mutter aller Narrenmütter“ eingegangen. Er bekleidete dieses Amt über mehrere Jahrzehnte und verschließ nahezu jährlich einen Narrenvater.

Wilhelm Specht alias Kronenpäper – Die Mutter aller Narrenmütter

Als Kronenwirt profitierte er ab 1933 von der ersten großen Tourismuswelle, die durch das Programm „Kraft durch Freude“ an den Bodensee schwappte. Hitlers Partei, die National Sozialistische Arbeiter Partei Deutschlands, hatte neben der nationalistischen auch eine sozialistische Komponente und ermöglichte mit diesem Programm erstmals den einfachen Arbeitern zu reisen und eine ausgefüllte Freizeit zu genießen, um den „Arbeitsfrieden zu erhalten“ oder wiederherzustellen. Auch nach dem Krieg wurde der Bodensee bald wieder ein beliebtes Urlaubsziel und die Krone entwickelte sich weiter zu einem beliebten Hotel mit Gasthaus. Wilhelm Specht führte mehrere Erweiterungen und Renovierungen in seiner Ära als Kronenwirt durch.

Sein Sohn Willi Specht absolvierte seine Kochausbildung im Hotel „Vier-Jahreszeiten“ in München unter Alfred Walterspiel, einem der berühmtesten Köche aller Zeiten. Danach arbeitete er in verschiedenen Hotels und kam danach zurück in die Heimat und arbeite im Hotel „Linde“ in Bodman als Küchenchef.

Willi Specht mit weiteren Mitarbeiterinnen des Hotel Linde in Bodman

Wegen des Saisonbetriebs am Bodensee arbeitet er in den Wintermonaten im Schwarzwald und im Allgäu, ehe er sich erstmals in Bodman mit seiner Frau Lore selbständig machte und 1959 das Weilerstüble, vis à vis zur Weilerkappelle gründete.

Das Weilerstüble in Bodman vis à vis zur Weilerkapelle

1963 übergab Willhelm Specht die Krone an Willi Specht, so dass dieser das Weilerstüble verpachtete und wieder nach Ludwigshafen zurückkehrte.

Willi, Wilhelm und Dietmar Specht (von links nach rechts) während der größten Umbaumaßnahme, bei der das Dach abgerissen und ein großer Anbau durchgeführt wurde

Die Krone entwickelte sich auch unter Willi und Lore Specht weiter und weitere An- und Umbauten folgten. Der Tourismus florierte in den 60-er und 70-er Jahren am Bodensee. Der Bootsbetrieb mit den Schiffen Kaiserpfalz, Forelle, Frauenberg und Bodman förderte den Tourismus am Seende erheblich.

Die Saison begann an Ostern und endete im Oktober. Bevor die B31 – neu den Verkehr von Überlingen direkt nach Stockach auf die Autobahn lenkte, war auch in den Wintermonaten an den Sonntagen das Restaurant stets mit heimfahrenden Skifahrern voll, die auf der Staustrecke zwischen Überlingen und Stockach froh waren einkehren zu können. Neben den Touristen und den Einheimischen waren in den 60-er Jahren auch die Lang-Schüler oft gesehene Gäste der Krone.

In der Krone konnte sich ein sehr beliebter Stammtisch etablieren, an dem über die große und noch mehr über die örtliche Politik gestritten und debattiert wurde. An jedem Sonntagmorgen wurde bis zum Mittagessen diskutiert und in den 70-er bis in die 2.000-er Jahre war es für viele Männer üblich, nach der Arbeit ein, zwei Bier am Stammtisch in der Krone zu trinken, ehe man sich nach Hause zum Abendbrot begab.

Ein besonderer und regelmäßiger Gast war auch Karl Kramer, der Besitzer der Kramer-Werke in Überlingen. Er hatte eine Jagd in Ludwigshafen und kam Sonntag morgens, nach der Jagd mit seinem Chauffeur Matthias (Matthes) Schilling in die Krone. Er war ein sehr großzügiger Mensch und lud gerne alle, die mit ihm am Stammtisch saßen ein. Dies sprach sich bei den Häflern schnell herum.  So schafften es oft zwanzig Gäste am Stammtisch zu sitzen, der eigentlich für maximal 10 bis 12 Gäste gedacht war.

Das Gasthaus Krone beim 100-jährigen Jubiläum 1970 nach um und Anbau

1970 zum 100-jährigen Jubiläum waren alle örtlichen Vereine als Gratulanten gekommen. Ab Ende der 60-er und Anfang der 70-er Jahre beherbergte die Krone einige sehr prominente Gäste, die sich für Langzeitaufenthalte einquartierten, wie der Harvard-Professor Prof. Dr. Dr. Ulich, der ein Jahr in der Krone verbrachte. Auch die deutsche Turn-Nationalmannschaft bereitete sich in Ludwigshafen, im Hotel Krone wohnend, auf wichtige Wettkämpfe, wie die Olympiade 1972 vor.

In den 70-er und 80-er Jahren waren Busreisen sehr beliebt. Das Hotel Krone arbeitete mit zahlreichen Busunternehmen zusammen, die mehr Gäste brachten, als die Krone aufnehmen konnte. Davon profitierten auch viele Betreiber von Fremdenzimmern und Ferienwohnungen, auf die die Gäste verteilt wurden.

1977 übernahm Küchenmeister Dietmar Specht mit seiner Frau Beatrice in 5. Generation das weit über die Grenzen bekannte Hotel. Dietmar Specht absolvierte, wie sein Vater, seine Kochausbildung im Hotel Vier–Jahreszeiten in München.  Neben seiner Leidenschaft für die Küche war er auch ein begeisterter Turner und Fußballer. Die Krone wurde zum Vereinslokal für alle Vereine. Nach dem Training, nach Wettkämpfen und Fußballspielen, Musik- oder Gesangsproben traf man sich danach noch in der Krone und Dietmar spendierte vor allem den jungen Turnern und Fussballern gerne Pommes Frites und Spezi-Humpen nach Turnwettkämpfen oder Fußballspielen. An Fastnacht wurde und wird der Narrenbaum vor der Krone aufgestellt und es wurden großartige Hausbälle in der Krone gefeiert. Auch unter der Ära von Dietmar und Beatrice Specht wurden zahlreiche Modernisierungen durchgeführt.

Der „Sängerball“, einer von vielen Hausbällen an der Fastnacht

1996 trennten sich Dietmar und Beatrice Specht. Dies führte auch zu einer weiteren Veränderung der Leitung der Krone, denn Dietmar Specht übertrug die Leitung der Krone auf seine neue Lebensgefährtin Annette Pichler, die er 2002 auch heiratete.

Annette und Dietmar Specht

Er selbst übernahm das Hotel Adler am Seeufer in Ludwigshafen. Annette war über 22 Jahre, die für ihre Herzlichkeit bekannte, Kronenwirtin. Stets gut gelaunt und liebenswürdig begrüßte sie die Gäste, die weiterhin gerne in die Krone einkehrten.  2018 verabschiedete sie sich in den wohlverdienten Ruhestand.

Mario Pyhan, der mit Dietmar Specht seit vielen Jahren befreundet ist und aus einer Gastronomen-Familie stammt, hatte Dietmar immer wieder erinnert, dass er die Krone gerne übernehmen würde, falls Annette sie irgendwann mal abgeben würde. Und so kam es, dass Mario und Sandra Pyhan 2018 die Krone übernahmen.

Sandra und Mario Pyhan – seit 2018 die Kronenwirte

Auch sie modernisierten die Krone in den vergangenen Jahren erheblich und entwickelten ein neues Konzept für die Krone, denn der Tourismus und das Konsumverhalten hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Den Stammtisch gibt es leider nicht mehr. Er steht nun bei Dietmar Specht im Esszimmer. Aber für Festlichkeiten jeder Art ist die Krone immer noch eine gute Adresse und die gut-bürgerliche Küche ist bestens geeignet für einen schönen Abend zu zweit, mit Familie oder einem Treffen unter Freunden.

Über den Autor