Seestraße Bodman – Die Geschichte einer Hundertjährigen

Viele Gemeinden am See haben eine Seestraße: Sipplingen, Überlingen, Konstanz, Meersburg, um nur ein paar zu nennen. Nur wenige davon dürften eine solch bewegte Geschichte haben wie die in Bodman. In unserer Seegemeinde sollte es bis zum Jahr 1925 dauern, bis die Straße am See schließlich realisiert wurde. Die Idee dazu bestand allerdings schon lange vorher. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gab es dazu Bittschriften aus der Gemeinde an die badische Regierung. Allerdings war damals wie auch heute die Haushaltslage angespannt und so wurde der Bau immer wieder zurückgestellt.

Der Zugang entlang des Ufers von der „Weiler-Siedlung“ im Westteil der Ortschaft nach „Altbodman“ im Osten führte duch das Torhaus.


Erst in den 1920er Jahren kam wieder Dynamik in die Sache. In einer Gemeindeversammlung 1921 forderten 69 Bürger, den Bau der sogenannten „Kempterstraße“ zu beginnen. Ein ganz wichtiges Argument war in jenen Jahren, den Bauern eine leichtere Verbindung zu ihren Feldern zu schaffen. Der Lindenbuckel war zu steil für viele Fuhrwerke und für die Rinder, die zur Feldarbeit benötigt wurden, nur schwer zu gehen. Der Gemeinderat konnte sich trotz mehrerer Beratungen aber noch immer nicht zu einem Beschluss durchringen.

Im Jahre 1924 entschied er sich endlich, Pläne mit einem Kostenvoranschlag beim Wasser- und Straßenbauamt Konstanz zur Prüfung einzureichen. Und plötzlich sollte alles sehr schnell gehen. Der Wasserstand war im Winter 1924/25 sehr niedrig, und so lautete die Empfehlung des Amts, das Projekt der Seestraße zügig fertig zu stellen. Beklagt wurde seitens der Gemeinde allerdings, dass  das Amt „hier jetzt auch keinen Weg gewiesen hat, woher wir das Geld beschaffen“.

Schließlich entschied der Bürgerausschuss Bodmans im Januar 1925, dass mit dem Bau einer Seestraße begonnen werden sollte. Sie sollte in zwei Phasen bis zur Greth gebaut werden. Der erste Abschnitt startete ungefähr auf Höhe des heutigen Sommerhauses und sollte bis zum östlichen Ende des früheren Dreschtorkelplatzes (bei der „Alten Post“) geführt werden. Die Kosten von 40.000 Reichsmark würden über ein Darlehen und einen außerordentlichen Holzhieb finanziert werden.

Im Februar 1925 vergab die Gemeinde die Erd- und Maurerarbeiten schließlich an die Firma Bertazzon und Kurz aus Stetten a.k.M., die das günstigste Angebot abgegeben hatte. Die Arbeiten selbst sollten nur von Bodmaner Bürgern durchgeführt werden, außer den Aufsichtspersonen.

Zum Bau der Seestraße wurden Gleise verlegt. Im Hintergrund ist die alte Ziegelei zu sehen.

Die Aufschüttung des Ufers und der Transport des Baumaterials erfolgte mit Loren.

Um die Straße und außerdem einen breiten Gehweg zu realisieren, war es nun erforderlich, dass die Gemeinde private Grundstücke erwarb. Im Zuge dessen wurden langwierige Verhandlungen geführt, insbesondere das Gelände der Ziegelei betreffend und auch den Garten und Lagerplatz der Teresia Martin. Baufluchten wurden für den Verlauf der Seestraße festgelegt. Es sollten sich keine Scheunen und Schuppen mehr an der Straße befinden, außerdem auch keine Dunglegen (ugs. Misthaufen). Nicht alle Anwohner waren damit einverstanden, so dass auch hierzu einige Schriftwechsel geführt wurden. Auch die Sauberkeit an und auf der Straße gab immer wieder Anlass zu Beanstandungen seitens der Gemeinde.

Vor dem Abbruch der Ziegelei war die Ufergestaltung noch spärlich.

Nach dem Abbruch der Ziegelei erfolgten weitere Auffüllmaßnahmen.

Bepflanzt wurde die Seestraße mit Linden und Kugelakazien. Später kamen noch Sitzbänke dazu. Letztendlich sollte die Seestraße auch den Tourismus befördern, was insbesondere mit dem finalen Abbruch der Ziegelei ab 1933/34 auch durch sogenannte Notstandsarbeiten und weiteren Auffüllmaßnahmen noch weiter an Bedeutung gewann. Die anfängliche Straße war zunächst nur gewalzter Schotter. Erstmalig geteert wurde sie erst einige Jahre später.

Kaum ein Jahr nach Fertigstellung wurde die Seestraße ihrem Namen vollends gerecht. Der Nellenburger Bote bemerkte dazu sein Unverständnis, dass seitens des Bauamtes kein hoher Wasserstand berücksichtigt wurde. Allerdings war der Pegel Konstanz damals zu Spitzenzeiten bei 5,55 Metern und lag an 54 Tagen über fünf Metern. Die geplante zweite Phase der Seestraße bis zur Greth sollte 1933 starten, wurde letztlich aber nie verwirklicht.

1928 erwarb die Gemeinde das Torhaus, um dessen historischen Wert zu erhalten.

Nachklapp: Warum Kempterstraße?

Ein besonders eifriger Werber für die Straße war Josef Kempter (1848 – 1931), auch bekannt als „Kemptersepp“, ein sehr umtriebiger Landwirt und Tagelöhner. Beinahe hätte die Straße wohl Kempterstraße geheißen. Er starb im Mai 1931 als damals ältester Bodmaner Bürger und wurde im „Nellenburger Bote“ als einer der bekanntesten Bodmaner Originale gewürdigt.

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