Heute gibt es „Alias“ und „Avatar“. Früher gab es „Rufnamen“, „Beinamen“, „Übernamen“, „Spitznamen“ und auch „Schimpfnamen“. Aber eigentlich sagt man bei uns ja gar nicht „Namen“, sondern „Nammä“.
Neben ihrem amtlichen Namen, hatten viele Menschen einen Übernamen.
Die Namensfindung fand auf sehr unterschiedliche Weise statt.
Willi’s Vater (Fritz Karle Senior) war Schmied, ja sogar Hufschmied, und deshalb erhielt der Sohn, Willi, den Übernamen Schmidde-Willi, der Willi vom Schmied. Auch im Falle von Eugen Lindenmayer Senior wurde dem Vornamen einfach das ausgeübte Handwerk vorangestellt. De‘ Eigän (umgangssprachlich für Eugen) war Schlosser und hieß daher Schlosser-Eigän. Dabei übertrug sich hier der Übernamen auf die ganze Familie. Man sprach nur von den „Schlossers“ und nicht etwa von den Lindenmayers. Das war selbst bei seinen Söhnen noch so. Sie waren den Einheimischen besser bekannt unter ihrem Übernamen Schlosser-Franz und Schlosser-Hänsle, als unter Hans und Franz Lindenmayer. Erst in der 3. Generation fand dann ein Wechsel statt zu Eugen „Jimmy“ Lindenmayer.
Wenn es viele Familien mit dem selben Nachnamen gab, half man sich zur besseren Unterscheidung mit anderen Kreationen weiter. Den Familienname „Honstetter“, zum Beispiel, schien es nur im Einwohnermeldeamt gegeben zu haben? Ansonsten kannte man sie unter den Pseudonymen: Adolfer, Kerlmeier, Schwarzhermännle, Rot‑Baddischt, Gärtner Hans.
Frauen und Kinder waren bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts quasi namenlos.
„Wemm g’hersch etz au du?„, wurde man als Kind häufig gefragt. Und, wenn einer frech und mutig war, antwortete er: „Im Vatter, ide Murter und im Loab Brot.“ Wer jedoch brav den Namen seines Vaters sagte, bekam, wie in meinem Fall, zu hören: „Etz hommers räät. Du bisch im Beff sin.„
Und so wurde man auch bei anderen vorgestellt. „Wer isch etz au dees? – Dees isch im Beff sin.„
Den Ehefrauen ging es in dieser Hinsicht nicht viel besser. Sie hatten oft weder Vor- noch Nachnamen, hießen nicht etwa Berta oder Adelheit, sondern halt nur „im Max sine“, „Imseppsine“, „Imfranzsine“, etc..
Mit dieser Technik der Namensfindung sind wir allerdings nicht ganz allein auf der Welt. Man denke nur an die Namen Johannson, Erikson, Jefferson (Söhne von Johann, Erik und Jeffrey) oder Mohammed ben Ali (Mohammed Sohn des Ali).
Mit Spitznamen war man oft schnell bei der Hand.
Eine markantes Körpermerkmal, eine besondere Eigenschaft oder Gesinnung , ein bestimmtes Verhalten oder ein falsches Wort irgendwann einmal im Leben konnte sich auf alle Ewigkeit wie Pech und Schwefel auf die Namensgebung auswirken.
Hier eine kleine Sammlung, die wir mit Deiner Hilfe gerne noch vervollständigen.
Übername | Ofizieller Name | Erklärung |
---|---|---|
Adolfer Sepp | Josef Honstetter | Der Vorname des Vaters war Adolf. |
Agaze | Vater von Hans „Hännes“ Heim | Fuhr mit dem Fahrrad gegen eine Akazie und verletzte sich dabei schwer. Bezeichnung setzte sich bei seinem Sohn fort. |
Agol | Adolf Nusser | ??? |
Amerikaner | ??? | ??? |
Amerikaner Marte | Martin Sernatinger | ??? |
Arture Albert Arture Mariele | Geschwister Keller | ??? |
Beff | Josef Lindenmayer | Konnte im frühen Kindesalter den Namen Josef nicht richtig aussprechen. |
Bierle Sepp | Josef Keller | Trank offenbar gerne und häufig Bier. |
Blu | Dieter Senger | ??? |
Bonze | Werner Heckeler | ??? |
Duchti | Reinhard Thiedmann | ??? |
Feitsche Toni | Anton Sernatinger | ??? |
Fidel Castro | Walter Reuthebuch | Hinweis auf seine politische Einstellung. |
Frevel Specht | Albert Specht sen. | Heiratete Anne Frevel, die Tochter von Anton Frevel, dem das Anwesen des heutigen Obsthof Specht gehörte. Urkundlich erwähnt seit 1361 unter dem Namen Freuel/Frevel. |
Gärtner Hans | Hans Honstetter | Entweder waren die Großeltern Gärtner oder sie besaßen den prachtvollsten Garten seinerzeit in Ludwigshafen auf dem Anwesen Stockacher Straße 24. (Heute völlig verwildert.) |
Gelle | Leopold Lindenmayer | Konnte sehr melodisch pfeifen, wie ein Dompfaff (=Goll). Daraus wurde vermutlich Gölle – Gelle. |
Gläsle Otto | Otto Sernatinger | ??? |
Gockel | Theodor Lindenmayer | Synonym für Don Juan oder Schürzenjäger |
Grifaz | Wilhelm Specht sen. | Spöttische Abkürzung für: Größter Festwirt aller Zeiten Hat einmal bei einen Dorffest, bei dem er die Bewirtung übernahm, viel zu wenig Getränke, Tische und Bänke eingeplant. |
Hamburger | Rudolf Honstetter | Sammelte bei den Bauern Äpfel, die er nach Hamburg verfrachtete, ohne angeblich die Lieferanten danach zu bezahlen. |
Jegerlegott Ai-Jai-Jai | Fritz Glöckler | Häufig verwendete Ausrufe. |
Kneisel | Ottmar Bernhard | ??? |
Knorke | Eugen Bernhard | Hat den Begriff von einer ehemaligen Freundin aus Berlin übernommen. |
Lelle | Leo Lindenmayer | ??? |
Maus | Reineke | Kosename für kleine Mädchen (i.S.v. süße Maus), der später beibehalten wurde. |
Obitz | Opizia (?) Heim | ??? |
Onkel Tom | Wolfgang Heckeler | ??? |
(Krone) Päper | Wilhelm Specht sen. | Ist als Kind eine Weile mit einer Tröte/Tute (Päpe) im Dorf herumgelaufen. |
Rot Batischt | Baptist Honstetter | ??? |
Rot Viktor | Viktor Lindenmayer | Hinweis auf seine politische Einstellung. |
s’Christians | Christian Sernatinger | ??? |
s’Gschwindenes Franz | Franz Keller | ??? |
Schlosser Eugen | Eugen Lindenmayer | Betrieb eine Schlosserei. |
Schmidde Willi | Willi Karle | Ist der Sohn des Schmieds. |
Sepperkigele | Siegfried Beirer | Vielleicht wegen seiner eher kleinen Statur. |
Südkurier | Berta Strobel | Trug lange Jahre die Tageszeitung „Südkurier“ aus. |
Tandanne | Anna Sernatinger | Tante Anna |
Tante Luis | Luise Sulger | War für alle Kinder wie eine Tante. |
Ziegler Rudl Ziegler Sepp | Rudolph Zimmermann Josef Zimmermann | Wohnten neben der Ziegelei. |