Die Vielzahl an Tischspielen, bei denen es darum geht, als erster ans Ziel zu kommen und dabei seinen Mitspielern Hindernisse in den Weg zu legen oder sie aus der Bahn zu werfen, ist beeindruckend. Wer sich einen Eindruck davon verschaffen möchte, sei auf die Spielesammlung von Michael Schmeiser verwiesen, der uns bei unserer Recherche ein großesStück weitergebracht hat.
Das in Deutschland sei Generationen wohl bekannteste und meist verkaufte Tischspiel heißt „Mensch ärgere Dich nicht“. Wikipedia zufolge sollen jährlich an die 100.000 Exemplare davon über den Ladentisch gehen und bis 2011 bereits mehr als 90 Millionen verkauft worden sein.
Der Erfinder des Tischspiels, Josef Friedrich Schmidt, nahm sich dazu das jahrhunderte alte indische Laufspiel „Pachisi/Patschesi“ -eines jener Spiele, auf denen die Spielkultur Europas aufgebaut ist- sowie dessen englische Variante „Ludo“ zum Vorbild. Er vereinfachte die Originale indem er auf viele ihrer taktischen und strategischen Variationen verzichtete und verlieh dem Spiel durch ein abgespecktes Regelwerk mehr Leichtigkeit und Schnelligkeit. Damit war das Spiel für alle Altersgruppen geeignet und diente mehr der Entspannung als der geistigen Herausforderung. Darin mag das Geheimnis seines Erfolges gelegen haben.
Doch die Geschichte dahinter macht deutlich, dass es nicht immer nur auf die Genialität einer Erfindung ankommt, sondern auch auf die begünstigenden gesellschaftlichen und historischen Umstände.
Erste Auflagen des von J.F. Schmidt 1908 für seine Kinder entwickelten Spieles waren zunächst nur für den privaten Bekanntenkreis bestimmt. Die gewerbliche Produktion begann 1914. Bei Kriegsbeginn war „Mensch ärgere Dich nicht“ noch wenig bekannt. Während des Krieges wurden dann große Mengen von Sachspenden, sogenannte „Liebesgaben“, für die Truppen gesammelt. Da auch Brett- und Kartenspiele gefragt waren, spendete J. F. Schmidt 3000 seiner Spiele an Armee und Lazarette. Feldpostbriefe und Karikaturen belegen, dass das neue Spiel bei den Soldaten Anklang fand, was ihm dann in Friedenszeiten zum Durchbruch verhalf. Schon 1920 erreichte „Mensch ärgere Dich nicht“ eine Auflagenhöhe von einer Million Exemplaren.
Auch in Ludwigshafen hat sich wohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder früher ein kreativer Geist der „Lydia Patentwaren-Vertriebs GmbH“ an der Entwicklung und Verbreitung eines Tischspiels versucht und es “ Zickelzack“ genannt. Alles, was wir davon in Händen halten, ist der Spielplan. Auch den Druckstock des Planes gibt es noch. Doch die weiteren Spielutensilien und Spielregeln sind unbekannt.
Die Firma „Lydia Patentwaren-Vertrieb GmbH“ wurde von Leo von Callenberg 1918 beim Handelsregister Berlin Charlottenburg unter seinem Namen als Geschäftsführer eingetragen. Der Namensbestandteil „Lydia“ entstammt wahrscheinlich einem der Vornamen seiner Frau. Gemäß einer Information des Arbeitsamtes Konstanz von 1946 war sie zusammen mit ihrem Bruder seit 1938 Inhaber der Firma in Ludwigshafen.
Wenn die Vereinfachung ein Teil des Erfolgsrezeptes von „Mensch ärgere Dich nicht“ war, dann kann man sich angesichts des komplizierten Spielaufbaus von Lydias „Zickelzack“ denken, weshalb es mit seiner Weiterverbreitung nicht geklappt hat. Der Spielplan ähnelt dem Schwänzeltanz einer Arbeitsbiene.
Aus der Grundsteinlegung für ein „Ludwigshäfler Spieleland“ wurde daher leider nichts. Das Glück war dem Spiel und seinem Erfinder (oder Erfinderin!) nicht hold.
Im Rahmen unserer Recherchen versuchen wir herauszufinden, wie das Spiel funktioniert und wer es erfunden hat. Wir hoffen, dass sich jemand noch daran erinnert bzw. eine Spielanleitung davon findet oder wir bei den uns bekannten Spielemuseen fündig werden.
Allem Anschein nach war „Zickelzack“ ein Würfelspiel mit 10 Spielfiguren in sechs verschiedenen Farben. Starpunkt war „A“ (Anfang) und das Ziel war „E“ (Ende). Die schwarzen Pfeile geben vermutlich die Zugrichtung an. So weit so gut! Doch ab hier beginnen die Frage:
- Werden auf den Farbkreisen am Rande des Spieles die Figuren geparkt, die noch nicht im Spiel sind, oder jene die das Spiel durchlaufen haben?
- Wird ein Würfel mit sechs verschiedenen Farbpunkten verwendet oder einer mit den Ziffern 1 – 6? Würfelt man mit einem oder zwei Würfeln?
- Können sich die farbigen Spielfiguren oder -steine auf allen Feldern bewegen oder nur auf solchen gleicher Farbe?
- Was bedeuten die farbigen Linien zwischen den Punkten? Können sie zum Vorankommen genutzt werden, wie vermutlich die schwarzen Pfeile, oder verhindern sie gar den schnellen Gang zum Ziel?
- Weshalb gibt es zwei getrennte nur mit einem schwarzen Pfeil verbundene Spielareale?
- Welche Bedeutung hat die gleichbleibende Farbsequenz rot-blau-gelb-grün-organge-lila?
Vielleicht gelingt es einem Rätselfreund oder einer begnadeten Tüftlerin das Geheimnis dieses Spieles zu lüften. Gerne stellen wir allen, die sich daran versuchen möchten, eine Farbkopie davon zur Verfügung.
Zickel-Zackel-Zockel
Die Henne liebt den Gockel,
Der Gockel liebt die Maus
Und du bist raus.