Der Seehase – der Lump!

Beim diesjährigen Hafenfest 2023 beschloss ich, am Stand der Narrenzunft ein Bier zu trinken und dem Musikverein Dingelsdorf und der Musikkapelle Bodman zu lauschen.
Unverhofft war eine hitzige Auseinandersetzung mit dem Satz zu hören: „Wenn du mir des it glaubsch, no frog den (mit dem war ich gemeint).“ Sogleich kam ein Musiker des MV Dingelsdorf mit der Frage auf mich zu, woher die Bezeichnung „Seehase“ eigentlich kommt. Mit dieser Frage eröffnete sich eine Grundsatzdiskussion, die bis zu den Bauernkriegen im 15. Jahrhundert und noch weiter zurück reichte. Nach zwei Bieren beschlossen wir, diese Diskussion ergebnislos abzubrechen. Doch zu Hause angekommen, ließ mir diese Sache keine Ruhe. So begann ich mit tieferen Nachforschungen, um zu erkunden, welche Bedeutungen sich um die Begriffe „Seehase“ oder „Seehas“ ranken.

Zunächst ging ich den einfachsten Weg und fragte Dr. Google um Rat. Das Ergebnis kam prompt und erstaunte mich gleichermaßen. Der Seehase ist ein Fisch! Um genau zu sein „Cyclopterus lumpus“, auch besser bekannt als Lump oder Lumpfisch, also ein plumper Bodenfisch, ein sogenannter Bodenwühler, wie der Karpfen. Die „Seehasen“ werden etwa 40 bis 60 cm lang und wiegen von 1,5 kg bis zu stattlichen 9,5 kg. Die Weibchen sind größer als die Männchen. Die Fische zeigen sich in den Farben dunkelgrau-bläulich bis schwarz, die Weibchen erscheinen zudem etwas grünlich. Bei einigen Individuen sind dunkle Tupfen oder schwarze Punkte auf dem Rücken, sowie an den Seiten vorhanden. Ihr Körperbau ist plump und rundlich, inklusive Schwanz zweimal so lang wie hoch. Also bei „Germany’s Next Topmodel“ völlig chancenlos. Der Körper ist mit Knochenzähnen besetzt, zudem verlaufen vier Dornen- und drei Knochenreihen längs dem Körper und Schwanz entlang. Seehasen haben keine Schuppen. Der kurze, oben konkav und unten konvex geformte Kopf ist beim Männchen etwas größer ausgebildet als beim Weibchen. Sie besitzen eine Saugscheibe, die dicht hinter der Kehle beginnt und zum Ansaugen an den Meeresboden dient, da sie keine Schwimmblase besitzen. Somit sind sie an das Leben in Bodennähe perfekt angepasst.

Was mich bei diesem Suchergebnis doch etwas störte, war: Wieso wird die stattliche Bevölkerung am Bodensee als Seehasen bezeichnet, obwohl diese nicht ansatzweise eine Ähnlichkeit mit diesem Seehasen, dem Lump, haben? Eine logische Antwort fand ich in Friedrichshafen, denn dort wird ja schließlich einmal im Jahr ein Fest zu Ehren des „Seehasen“ veranstaltet. Die Friedrichshafener sind der Meinung, dass der Seehase vermutlich ein springender Feldhase auf einem römischen Feldzeichen des Kastell Constantia (Konstanz) gewesen ist. Das klingt im ersten Moment plausibel. Mein Dingelsdorfer Gesprächspartner sprach aber die ganze Zeit von irgendwelchen Leuten, die einen Hasen verjagt haben. Dies habe er bei einer Führung in Meersburg erzählt bekommen. Also ging die Suche weiter und siehe da, eine weitere Lösung für das Rätsel war gefunden.

Es waren einst sieben Schwaben auf dem Weg zur Mosel, als diesen ein gefährliches Ungeheuer über den Weg lief. In Ihrer Angst griffen sie zu Ihrem Spieß, den sie mitführten und trieben dieses Ungeheuer in den See. Das Ungetüm war eigentlich ein friedlicher Feldhase der dort umher hoppelte. Da die Schwaben sich selbst als furchtlos sehen, wollen sie verständlicherweise diese Sage nicht als Entstehung des Seehasen sehen.

Für mich persönlich gibt es noch eine dritte folgende Variante:
Bei einem „Fasnetsumzug“ in Überlingen, im Jahre 1957 hatten die Narren aus Ludwigshafen einen Leiterwagen mit Hasen dabei. Da dieser Umzug auch im Radio übertragen wurde, begrüßte der Moderator die Gruppe mit ihrem Leiterwagen als Seehasen. Und schon hatte der Name überregionale Bedeutung.

Da, je nach Herkunft des Erzählers, jeder seine eigene Variante favorisiert, wird es wohl zunächst dem Leser überlassen bleiben, welche Version er für sich bevorzugt. Die Recherchen gehen weiter, mal sehen ob sich daraus noch eine weitere Wendung ergibt oder eine Version final bestätigt wird.
Bis dahin: Has-Has!

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