Mit freundlicher Unterstützung von Frau Rosmarie Kikel
Unsere Doppelgemeinde war einst reich bestückt mit Kaffeehäusern oder mit Restaurants, die intensiv mit einem reichhaltigen Angebot von Kaffee und Kuchen warben. Café Martin, Café Hasler, Park-Café, Strand-Café Adler, Café Piccolino, Café Franke und auch die Linde und das Fischerhaus in Bodman versorgten Gäste, die teilweise zu Hunderten von den Bodensee-Dampfern zum heiß ersehnten Kaffee strömten.
Ein Kaffeehaus war einst weit mehr als ein Ort für eine Tasse Kaffee. Es waren Bühne und Wohnzimmer der Gemeinde. Hier traf man sich zum Plaudern, debattierte über Politik, las Zeitung oder schrieb Postkarten. Handwerker tauschten Neuigkeiten aus, Freundschaften wurden gepflegt und neue Ideen geboren. Zwischen dem Klingen von Löffeln und dem Duft frisch gemahlener Bohnen entstand ein Raum der Geselligkeit, in dem Zeit keine Eile hatte und Gespräche genauso reichhaltig waren wie der Kaffee in der Tasse. So wurden Cafés zu lebendigen Treffpunkten.
An der Ortsausfahrt von Ludwigshafen nach Espasingen steht rechts in Höhe Campingplatz ein einzelnes Haus mit Anbau, das zwar in die Jahre gekommen scheint, aber klar zu erkennen ist, dass es mit diesem Gebäude und der zerrütteten Umfriedung etwas Besonderes auf sich hat.
Viele Einwohner wissen noch, an diesem Gebäude war einmal ein Schriftzug: Weinrestaurant und Café Honsell. Andere erinnern sich an den Schriftzug: „Pension und Café Franke“. Was nun? Beide haben recht – zwei Namen, ein Gebäude und noch mehr.


Gehen wir zum Anfang in das Jahr 1913, als im Oktober der Kunstmaler Werner Mollweide beim Badischen Bezirksamt Pläne zum Bau eines Wohnhauses mit Atelier einreichte. Das Gebäude hatte 3 Geschosse und war in seiner gesamten Ansicht ein sehr ansehnliches Werk. Im Kreisarchiv Konstanz ist ein weiteres Baugesuch vermerkt, für den Bau eines Stalls nach Norden, das ebenfalls dem Antragsteller Werner Mollweide gestattet wurde. So können wir, zwar nicht ganz zweifelsfrei davon ausgehen, dass der Kunstmaler das Gebäude ca. 10 Jahre in seinem Besitz hielt und dann an den Wirt Josef Honsell veräußert hat. Dieser reichte dann im Jahre 1925 ein Baugesuch ein, zum Anbau einer Veranda nach Osten und einer größeren Toilettenanlage nach Norden. Parallel erfolgte ein Bauantrag für eine neue Umfriedung mit Mauerwerk und kunstvoll geschwungenem Holzzaun, was deutlich auf alten Postkarten zu sehen ist. Alles waren vorbereitende Maßnahmen für das Café Honsell, das wohl bald darauf betrieben wurde. Am 26. April 1930 erhielt er außerdem die Baugenehmigung zum Anbau eines Unterkunftsraumes für ein Kindererholungsheim, mit Platz für 16 Kinder. Dieser Anbau in Richtung Westen ist auf verschiedenen Postkarten und auch heute noch deutlich zu sehen.

Bei Renovierungsarbeiten entdeckte die jetzige Eigentümerin Frau Rosmarie Kikel, große, auf die Wand aufgedruckte Märchenmotive im Aufenthaltsraum, die irgendwann unter modernen Tapeten verschwanden und lange Zeit im Verborgenen blieben. Wir konnten diese Motive fotografisch sichern und archivieren. Auch auf einer Postkarte sehen wir viele Kinder im Vorgarten des Hauses und sie dokumentiert das Kindererholungsheim.

Nach dem freiwilligen Tod ihres ersten Mannes heiratete Frau Honsell  erneut und trug ab dann den Familiennamen ihres Mannes Fritz Franke und so wurde aus Café Honsell das Café Franke.
Nicht nur aus Erzählungen, sondern auch aus eigener Erfahrung berichten ältere Einwohner, dass es bei Café Franke die beste „Schwarzwälder Kirschtorte“ weit und breit gab. In größeren Schlangen zogen Sonntagsausflügler von Ludwigshafen, Bodman und Espasingen in Richtung Café Franke, um sich die einmalige Torte zu gönnen. Insbesondere die Campingplatz-Besucher auf der anderen Straßenseite wussten von dem Geheimtipp und stürmten regelmäßig die Kuchentheke. Anfang 1980 erwarb Familie Kikel das Anwesen und sie fand mit den Räumlichkeiten ideale Bedingungen für ihr Antiquitätengeschäft, mit einer Werkstatt und genügend Lagermöglichkeiten.
Heute ist es ein Mehrgenerationenhaus, das im äußeren Erscheinungsbild die unterschiedlichen Bauphasen und Verwendungszwecke noch unübersehbar erkennen lässt.

