Abwasser Marsch – alles geklärt am SeeEnde

Heute ist kaum mehr vorstellbar, dass der Bodensee einmal Gefahr lief umzukippen.
Zu Beginn  des 20ten Jhd. und viele Jahrzehnte danach, war der Bodensee durchaus mit einer Müllkippe vergleichbar. Allerlei Unrat wurde darin versenkt, ungereinigtes Wasser floss durch Bäche, Rinnen und Rohre direkt in den See. Der Selbstreinigungsprozess des Bodensees reichte irgendwann nicht mehr aus, denn die Bevölkerungszahl wuchs schnell und mit ihr die Verunreinigungen im Bodensee. Schnelle Lösungsansätze mussten her, um den Trinkwasserspeicher nicht zu gefährden und dem steigenden Tourismus eine uneingeschränkte Bademöglichkeit zu bieten. Das war der Start für einen Kläranlagenring um den Bodensee herum, für eine hohe und nachhaltige Wasserqualität.
Die ersten Nachweise für Abwasseraufbereitung stammen aus der Indus-Kultur (Pakistan) um 2500 v. Chr. Häuser waren an Abflüsse aus Terrakottarohren angeschlossen, die das Abwasser in Sammelgruben leiteten. Feststoffe setzten sich in den Sammelgruben ab, während Flüssigkeiten in die Abflusskanäle flossen.
Die ersten Kläranlagen in Europa gab es in Ballungsgebieten bereits Ende des 19ten Jhd. aber eine zentrale Abwasserkanalisation war noch in  weiter Ferne. In ländlicher Umgebung und Aussiedlergebieten half man sich zunächst mit Haus- und Kleinkläranlagen oder einer Versickerung in Rieselfeldern, um die Abwasserentsorgung durchzuführen.  
Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre gab es vielerorts ein großes Umdenken und ein steigendes Bewusstsein für eine zentralisierte Abwasserentsorgung.

Das Zulaufpumpwerk mit offener Schneckenpumpe – 1970

Auch die Gemeinden am SeeEnde und an der Stockacher Aach haben den Ruf nach Reinhaltung des Bodensees frühzeitig gehört und in Gemeinschaftsarbeit einen beispielhaften Beitrag zur Sicherung der Trinkwasserversorgung geleistet. Im Jahre 1962 gab es einen Zusammenschluss von drei Gemeinden zum „Zweckverband Stockacher Aach“, der sich binnen zwei Jahren auf insgesamt 12 Gemeinden erweiterte. Das Ziel und die gemeinsame Aufgabe des Verbandes ist die organisierte Ableitung der Abwasser aus allen Aach-Anliegergemeinden sowie die anschließende Reinigung in einer zentralen Kläranlage.

Am Anfang stand der Bau zahlreicher Verbandssammler, die das Schmutzwasser aus den Ortsnetzen der Mitglieder über eine Sammelleitung zur Verbandskläranlage leitet. Am 2. September 1968 erfolgte der Spatenstich zum Bau der Kläranlage im Bodmaner Ried. Trotz schwieriger Bodenverhältnisse, in Form von Fließsand und hohem Grundwasserspiegel, konnte bereits zwei Jahre später, im August 1970, der erste Teil der Anlage in Betrieb genommen werden. Dieser Bauabschnitt waren das Zulaufpumpwerk, der automatische Rechen – der grobe Gegenstände herausfischt – der Sandfang und die Vorklärbecken, in denen dem Abwasser die Sinkstoffe entnommen werden.

Der Sandfang zur Ablagerung grober Stoffe – 1970

Die zweite Stufe wurde im Oktober 1970 in Betrieb genommen, nämlich die biologische Klärung mit fleißigen Mikroorganismen. Die zeitliche Differenz der beiden Teilprojekte lag daran, dass die beiden Faultürme, mit einem Fassungsvermögen von 1200 cbm, zunächst mit dem anfallenden Klärschlamm aus dem Vorklärbecken aufgefüllt werden mussten. Der ausgefaulte Schlamm wandert anschließend über den Nacheindicker auf die Trockenbeete, um landwirtschaftlich genutzt zu werden. Am Ende verlässt das gereinigte Wasser die Anlage und kann sicher in die Natur zurückgeführt werden.

Im selben Jahr und Monat wurde die Kanalisation der Gemarkung Ludwigshafen, die in den zurückliegenden Jahren zügig ausgebaut wurde, an die Großkläranlage angeschlossen. Die Verbindung erfolgt über ein unterirdisches Pumpenhaus in der Bahnhofstraße in der das gesamte Abwasser in einem Pumpensumpf gesammelt und von dort über eine Druckleitung hangaufwärts in den Freispiegelkanal gepumpt wird und vor dort in freiem Gefälle bis zur Kläranlage fließt. Nach der Inbetriebnahme des Pumpwerks verkündetet die Gemeinde, dass ab sofort keine Hauskläranlagen mehr gebaut werden und dass die bestehenden Anlagen außer Betrieb genommen werden müssen.

So arbeiten Millionen kleiner „Klärmeister“ Tag und Nacht im verborgenen an unserem Abwasser und sind die wahren heimlichen Helden, wenn es darum geht, unser Wasser zu reinigen und in den natürlichen Kreislauf zurückzubringen.

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