Sie wurden aus vielfältigen Gründen errichtet, haben unterschiedliche Gestalt und erfüllen verschiedene Aufgaben. Aber sie gründen auf einer gemeinsamen Gesinnung: Sie manifestieren den Glauben an einen Gott, die Ehrfurcht vor der Schöpfung, die Dankbarkeit für das Dasein und die Sehnsucht nach Schutz, Geborgenheit und ewiges Leben.
Eine große Zahl von Flurkreuzen in Bodman-Ludwigshafen erinnern an die altbäuerliche Frömmigkeit und Gesinnung der ansässigen Bevölkerung. Mit einigen von ihnen verbinden sich noch bekannte Geschichten. Bei anderen ist nur noch die Widmung und ihre zeitlose Botschaft erhalten.
Flurkreuze finden sich häufig an exponierten Stellen auf Anhöhen oder Wegkreuzungen, an Wegen Straßen, am Feldrand oder im Wald. Wegkreuzungen galten im Mittelalter aufgrund von Überfällen als unheimliche Orte. Um den Einfluss von bösen Mächten zu bannen, wurden Flurkreuze aufgestellt, ebenso zum Schutz vor Naturkatastrophen oder nach schweren Unwettern, um Gottes Segen für eine reiche Ernte zu erbitten.
In der Regel stehen Flurkreuze einzeln in der Landschaft und prägen das Landschaftsbild. Sie werden gelegentlich von Bäumen oder Sträuchern flankiert und haben Ruhebänke, welche die Vorbeigehenden zum Gebet und zur Besinnlichkeit einladen. Dies kommt gelegentlich durch einen entsprechenden Sinnspruch zum Ausdruck.
Gedenkkreuze
Gedenkkreuze bewahren das Andenken an geliebte Familienangehörige.
Unfall- und Schicksalskreuze
Unfall- und Schicksalskreuze erinnern an eine oder mehrere Personen, die durch Unfälle oder andere tragische Ereignisse ums Leben kamen. Sie stehen nicht immer am Wege, sondern am Ort des Geschehens oder einer anderen exponierten Stelle.
Votivkreuze
Votivkreuze sind Teil eines Gelübdes als Dank für die Heilung einer schweren Krankheit oder die Errettung aus einer Notlage wie Krieg, Seuche oder anderen Lebensgefahren.
Daniel Trisner erinnert sich: Bei Arbeiten beim Neubau unseres Hauses im Jahre 2004, zog sich mein Vater eine Nervenquetschung in der Halswirbelsäule zu. Für ca. 15 Minuten konnte er weder Arme noch Beine bewegen. Sofort machten wir uns auf den Weg ins Krankenhaus nach Singen. Nach dem MRT erhielt er eine Halskrause und eine Blitzüberweisung in die Spezialklinik nach Günzburg. Noch am selben Nachmittag machte ich mich mit ihm auf den Weg dorthin. Schon auf der Hinfahrt machte er mich auf das Flurkreuz an der B31 aufmerksam, welches schon seit einiger Zeit neben dem Sockel lehnend im hohen Gras stand. Die Untersuchung in Günzburg erbrachte einen OP-Termin zwei Tage später, ohne Aufschub. Bei der Rückfahrt am frühen Abend, war das Kreuz wieder im Gespräch, mit dem Hinweis meines Vaters. Sobald er aus der Klinik entlassen wäre, würde er sich um das Kreuz kümmern. So kam es. Er holte eine Expertenmeinung ein und bereitete eine eventuell nötige Spendensammlung vor. In diesem Zuge wurden Otmar Fritschi und Erwin Thum auf die Aktion aufmerksam. Sie begutachteten die Sache vor Ort und entschieden, das Kreuz mit einer starken Eisenverstrebung am Rückenteil erneut zu montieren. Gesagt, getan. Immer wenn ich daran vorbeifahre, erinnert mich das Kreuz an die drei Männer, die inzwischen nicht mehr unter uns weilen. Nach dem Motto Erkennen-Bewerten-Handeln haben sie dafür gesorgt, dass das Kreuz nach einem langem Schattendasein im hohen Gras heute wieder da steht, wo es hingehört – auf und nicht neben dem Sockel.
Flurkreuze können aus Holz, Stein oder Metall bestehen. Häufig sind Flurkreuze als Kruzifixe, also mit einer Darstellung des gekreuzigten Christus, gestaltet. Als „Kastenkreuze“ haben hölzerne Kreuze oft eine Verdachung und seitliche Verschalungen, die auch Verzierungen aufweisen können. Dies können ikonographische Attribute sein, wie zum Beispiel die Leidenswerkzeuge der Kreuzigung Jesu Christi. Manche Flurkreuze weisen eine Konsole mit einer Expositionsnische auf, auf der bei eucharistischen Prozessionen die mitgeführte Monstranz abgestellt werden kann. Andere verfügen über eine Mulde für Weihwasser.
An einigen Kreuzen befindet sich eine Inschrift, aus der zu ersehen ist, warum das jeweilige Kreuz aufgestellt wurde und von wem es gestiftet, geschaffen oder renoviert wurde. Viele Flurkreuze waren und sind auch in das gemeinschaftliche religiöse Brauchtum eingebunden, z. B. dienten sie als Stationen bei einer Prozession oder Wallfahrt. In diesen Tagen, zwischen Allerheiligen und Fronleichnam, fanden früher in den katholischen Kirchengemeinden von Bodman-Ludwigshafen Flurprozessionen statt.
Aufgrund der Heiligen- und Bilderverehrung sind Flurkreuze und Bildstöcke in katholischen Gegenden weiter verbreitet als in protestantischen. Nach der Reformation wurden aufgrund der Distanzierung der Protestanten von religiösem Bildwerk kaum mehr Flurkreuze oder Bildstöcke in den evangelischen Gebieten errichtet. Zur Zeit der Gegenreformation ab dem 16. Jahrhundert wurde – besonders gefördert von den Jesuiten – die Präsenz der katholischen Kirche unter anderem auch durch Werke der Architektur in der Öffentlichkeit gestärkt. Zur Zeit der Napoleonischen Kriege (1792–1815) sind viele Kreuze verloren gegangen, da dort im Zuge der Säkularisation Flurkreuze verboten waren.
Veränderungen der Landschaft, wie Straßenbau, Ausweisung von Baugebieten oder Flurbereinigungen, können zum Verlust oder der Verlegung von Flurkreuzen führen. Der historische Standort eines Flurkreuzes ist oft mit einer besonderen Bedeutung verbunden, die verloren geht, wenn es an einen neuen Standort versetzt wird.
Das Grabmal im Walde
Und dann ist da noch ein anderes Kreuz. Ein mächtiges Kreuz aus edlem Gestein. Mitten im Walde, keine 30 m vom Weg entfernt. Dennoch werden es bisher nur wenige entdeckt haben. Und noch weniger werden wissen, was es damit auf sich hat. Aber Wolf-Dietrich Specht und Siegfried Karle erinnern sich.
Dieses Kreuz ist der Grabstein eines Urnengrabes. Vielleicht ist es Ausdruck einer tiefen Naturverbundenheit. Möglicherweise ist es aber eher ein Symbol für die Schwächen unserer menschlichen Gesellschaft, wie sie leibt und lebt.
Ein ehemaliger Direktor des Gesundheitsamtes in Stockach und leidenschaftlicher Jäger wollte seine letzte Ruhestätte in seinem Jagdrevier finden. Das Bestattungsgesetz in Baden-Württemberg, ob richtig oder falsch, verbietet aber Erdbestattungen (auch Urnengräber) außerhalb von ausgewiesenen Friedhöfen, zumindest für alle „Normalsterblichen“. Ausnahmen sind nur in ganz besonderen Fällen, mit behördlicher Genehmigung und im Einvernehmen mit der Gemeinde möglich.
Ob die Gründe des Amtrates für eine „Sondererlaubnis“ ausreichend waren und das Verfahren ordentlich durchlaufen wurde, oder ob dabei die „guten Beziehungen“ des Waidmanns die entscheidende Rolle gespielt haben, darf man sich fragen.
Die Lage der Grabstätte legt jedenfalls nahe, dass es dem Verstorbenen nicht um Effekthascherei ging und er an dem Ort, wo alle Unterschiede und Privilegien unter den Menschen eigentlich aufgehoben und sie „im Tode vereint“ sind, lieber mit sich allein bleiben will.
Wenn die Verantwortlichen die Bestimmungen für Ruhezeit, Entwidmung, Umbettung und Abräumung im Blick haben und auch anwenden, sollte die Grabesstätte irgendwann einmal verschwunden sein. Ansonsten wird aus dem Grabkreuz wohl ein Flurkreuz, bei dem sich spätere Generationen fragen werden, weshalb es hier errichtet wurde, ohne Widmung, Datum und Sinnspruch.
Anmerkung der Redaktion
Wir haben auf genaue Angaben zum Standort der Flurkreuze aus gutem Grunde verzichtet. Denn wir wollen die Leser und Leserinnen zu einem Flurkreuz-Such-Wandern anregen. Wer alle Kreuze kennt oder gefunden hat, kann von sich behaupten, dass er die Gemarkung von Bodman-Ludwigshafen bis an die Grenzen abgeschritten ist.