Das SeeEnde wird Badisch. Wir können alles – außer Hochdeutsch!

Vor 216 Jahren wurde das SeeEnde (endlich) „Badisch“. Heute finden wir in der Doppelgemeinde an Häuserwänden Gussplatten mit dem Badener Symbol oder es wird bei mancher Gelegenheit patriotisch die Hymne der südwestdeutschen Region gesungen. Die „inoffizielle Landeshymne Badens“ – das Badnerlied. Schelmische Freude funkelt den Einwohnern in den Augen, wenn Sprüche zitiert werden, wie: „Keiner ist so symbadisch wie wir!“ oder „Wir haben nichts gegen die Württemberger – jedenfalls nichts, was hilft!“, und – „Es gibt Badische und Ôsymbadische!“

Beide Teile der Doppelgemeinde erlebten die Zeitenwende der „Badenisierung“ unterschiedlich, dennoch gleichermaßen turbulent.
Die Gemeinden Bodman (damals noch Bodmann) und Ludwigshafen (damals Sernatingen) gehörten Anfang des 1900 Jahrhunderts zur Grafschaft Nellenburg und unterstanden damit der Herrschaft Vorderösterreichs. Österreich versuchte um 1805 seinen Einfluss und Geltungsbereich auszubauen, indem es auch seine Truppen stark vergrößerte. Doch in der sogenannten „Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz im Dezember 1805, wird die Allianz aus Österreich und Neapel, sowie Russland, Schweden und England von Napoléon vernichtend geschlagen. In den darauffolgenden Friedensverhandlungen von Pressburg und der Neuverteilung der Gebiete, wird am 24. Dezember 1805 Bodman dem Königreich Württemberg und Sernatingen dem Hause Baden zugeschlagen.

Es formierte sich 1806 der Rheinbund mit dem Großherzog Baden, dem Königreich Württemberg, Bayern, Großherzogtum Hessen und Großherzogtum Berg. Preußen und Österreich waren diesem Bund ausgeschlossen und erhielten andere Gebiete im Süden und Osten. Trotz der Einbindung von Württemberg und Baden in den Rheinbund, gab es etliche Grenzstreitigkeiten, die durch allerlei Überschneidungen, insbesondere im Bodenseeraum, für großen Ärger sorgten. So wurde beispielsweise trotz württembergischen Hoheitsgebiets am 22. Juli 1807 die Grundherrschaft des freiherrlichen bodmanschen Hauses per Dekret aus dem Hause Baden festgesetzt. War aus deren Sicht also badisch.

Blick auf Bodman aus östlicher Richtung

In darauffolgenden Vergleichsverhandlungen zwischen dem Königreich Württemberg und dem Großherzogtum Baden wird schließlich Sernatingen am 31. Dezember 1808 Württemberg zugeschlagen. Als im April 1810 dem Königreich Württemberg weite Gebiete entlang des nördlichen und östlichen Bodensees zugeordnet werden, führte dies zu einem scharfen Protest der „Badener“ wegen des mehrfachen württembergischen Seezugangs. Dadurch gelang es dem Großherzogtum, nach zähen und schwierigen Verhandlungen, weitere Gebiete bei sich einzugliedern. Unter anderem die freie Reichstaat Überlingen nebst den zugehörigen Gemeinden und damit war Sernatingen wieder badisch. Das Großherzogtum bemühte sich mit großen Anstrengungen den Seezugang über Sernatingen strategisch auszubauen, um Friedrichshafen und Konstanz wirtschaftlich Paroli zu bieten. Dies führte 1836 zum Bau des Hafens in Sernatingen und 1838 zum Bau des Großherzoglichen Hauptzollamtes. Die geografische Lage am See und die sehr guten Transportwege über Stockach brachten lange Zeit wirtschaftlichen Erfolg.

In einer ersten Volksabstimmung 1951 wird Baden mit Württemberg zusammengeführt, allerdings stimmen 52% der badischen Bevölkerung dagegen, 92% der württembergischen Bevölkerung stimmen dafür. Das Bundesverfassungsgericht verfügte im Jahre 1970 eine zweite Volksabstimmung, die nur in Baden durchgeführt wird, nachdem es festgestellt hatte: „Der Wille der badischen Bevölkerung ist aufgrund der politisch-geschichtlichen Entwicklung überdeckt worden.“ In der 2. Volksabstimmung stimmt eine große Mehrheit für den Verbleib in Baden-Württemberg.


Vom Markgraf zum Großherzog von Baden!

In den Wirren der napoleonischen Neuordnung Europas, gewann die kleine Markgrafschaft Baden stark an Bedeutung. Napoléon-I faste 250 Kleinstaaten in wenige Große zusammen und sorgt für eine effektive Zentralverwaltung, um auch eine stärkere Bindung an ihn zu erreichen. In dieser Neuordnung steigt die Markgrafschaft zum Großherzogtum Baden auf. Das Protektorat Napoléons, mit der Einrichtung einer zentralen und effektiven Verwaltung, führte in vielen Bereichen zu weitreichenden Änderungen und hatte größte Auswirkungen auf die damalige Welt.
Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Nationen, entwickelte sich in Baden Anfang des 1900 Jahrhunderts ein starkes Nationalgefühl, dass bis heute zu spüren ist.

Nach dem Ende von Napoléon im Jahre 1815 entscheidet der Wiener Kongress über die napoleonischen Gebiete und entschließt sich für eine Kleindeutsche Lösung, den Deutschen Bund, unter der Führung von Preußen. Der Deutsche Bund, dem Baden nun angehört, zeigt sich als strenger Herrscher und sieht die Forderungen des Volkes von Baden kritisch. Forderungen beseelt vom liberalen Gedanken und dem freien Geist der französischen Revolution – der Demokratie. 1848/49 bricht der Demokrat Friedrich Hecker mit Getreuen in Konstanz die badische Revolution vom Zaun. Baden stellt für die Weltordnung des Deutschen Bundes eine zunehmende Gefahr dar. Baden rebelliert, der Großherzog muss fliehen und bittet Preußen um Hilfe. Preußen greift mit 60.000 Mann ein und beendet die badische Revolution mit einer bedingungslosen Kapitulation der Festung „Raststatt“. Nach Ende des ersten Weltkriegs wird Baden Freistaat. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wird Baden in eine französisch-Südbadische und in eine amerikanisch-Nordbadische Besatzungszone aufgeteilt. Nach langjährigen Diskussionen und nervenaufreibenden Sitzungen, entsteht aus diesen beiden Besatzungszonen das Bundesland Baden-Württemberg.

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