Am Waschplatz – Waschen, Klatschen und Tratschen

Im Gegensatz zu heute war Wäsche waschen früher eine harte Arbeit für die Hausfrauen. Zwischenzeitlich ist die vollautomatische Waschmaschine das hilfreichste Gerät in jedem Haushalt. Wäsche sortieren, rein in die Maschine, Waschmittel dosieren und Programm auswählen. Klappe zu, Knöpfchen drücken und den Rest übernimmt die Waschmaschine, inklusive dem Signal am Ende: „Habe fertig!“

Obwohl bereits 1767, vom Regensburger Theologen J. C. Schäffer, die erste Waschmaschine erfunden wurde, dauerte es noch Jahrzehnte, bis sie zum alltäglichen Gebrauchsgegenstand wurde. Sie war zu Beginn ihrer Entwicklung groß, umständlich und vor allem unbezahlbar. Schäffer nannte sein erstes Konstrukt „Rührflügelmaschine“. Es sollte noch ein Weilchen dauern, bis sie haushaltstauglich werden sollte, aber der Siegeszug hatte begonnen. Lange blieb es ruhig an der Waschmaschinen-Front, bis 1858 der Amerikaner Hamilton Smith eine Trommelwaschmaschine herstellte. 1901 entwickelte schließlich der Deutsche Louis Krauss eine Waschtrommel aus Metall, so, wie wir sie heute noch kennen.
Ab 1906 ging sie in Serie und es gab ständig Verbesserungen im Antrieb, in der Behandlung der Wäsche und dem Einsatz von Waschmittel. 1951 kam dann die erste vollautomatische Waschmaschine in Deutschland auf den Markt. Es war eine „Constructa“, verbrauchte unglaubliche 225 Liter Wasser und kostete sagenhafte 2.280 DM. Der monatliche Durchschnittsverdienst lag bei etwa 300 DM.

Aufgrund des hohen Preises standen die Waschmaschinen nur in wenigen Haushalten und so war es bis Mitte der 1960er Jahre üblich, in gemeinsamen Waschküchen oder an Flüssen und (Boden)Seen die Wäsche zu waschen.
Vielerorts gibt es Hinweise auf diese „Freiluft-Waschküchen“. Zum Beispiel Straßennamen wie „An der Bleiche“ oder Örtlichkeiten wie „Am Waschplatz“.

Auch in Ludwigshafen gibt es diesen Platz mit all seinen verbundenen Begrifflichkeiten – waschen, bürsten, wringen, klatschen, bleichen, tratschen. Dieser Waschplatz am westlichen Ortsende war, bis Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre, Schauplatz der gemeinschaftlichen Wasch- und Bleichkultur.

Aufgrund der großen Plackerei und des hohen Zeitaufwands wurde in der Regel nur 2 bis 4 mal pro Monat umfangreich gewaschen. Dieser Waschtag, so berichtet uns die Zeitzeugin Frieda Schacher, musste vorab gut organisiert sein, denn er nahm fast den ganzen Tag in Anspruch und die Familie wollte in dieser Zeit gut versorgt sein.


Und dann waren da noch die begrenzten Möglichkeiten der Wasch-Utensilien am See. Allen voran die 5 großen Holztische von ca. 3 mal 2 Metern, zum Reinigen und Bürsten der Wäschestücke. Waren die Tische bereits belegt, musste gewartet, geteilt oder improvisiert werden. Was nichts anderes bedeutete als: Den Leiterwagen mit Waschzuber, Waschbrett, Seife und Wäsche so früh wie möglich zum See ziehen, damit der „Claim“ für den Waschtag abgesteckt werden konnte.

Zu Beginn wurde, je nach Verschmutzungsgrad, von Hand der Dreck herausgerubbelt, oft mit Hilfe eines Waschbretts. Mit Kernseife behandelt, geklatscht und im weichen Seewasser mehrfach geschwenkt. Diese Schritte galt es zu wiederholen, bis die Flecken raus oder zumindest nicht mehr sichtbar waren. Es folgte das kraftraubende auswringen der Wäsche, was häufig Muskelkater in den Oberarmen und schmerzende Finger zurückließ.

Nach dem Waschvorgang wurde die feuchte Wäsche zum Trocknen und Bleichen auf der Wiese ausgebreitet. Sonne und Wind übernahmen diesen Vorgang, der mehrere Stunden dauern konnte, da zwischendurch die Wäsche immer wieder angefeuchtet wurde. Die Rasenbleiche funktioniert, weil sich aus Wasser, Sonnenlicht und dem Sauerstoff aus dem Gras Wasserstoffperoxid bildet. Dieser Stoff bleicht die meisten Materialien und wird auch zum Blondieren der Haare eingesetzt. Während der Bleiche war Kontrolle durchaus empfehlenswert, denn durch herabfallende Blätter, kriechende Würmchen oder ein flüchtiger Vogelschiss, war eventuell ein erneuter Waschgang erforderlich.

Das Bleichen dauerte. Diese Zeit nutzten die Hausfrauen für ein kurzes kühles Bad, für Kaffee und Kuchen, der immer Bestandteil der Leiterwagenladung war oder für ein ausgiebiges Schwätzchen über alles und jeden, was eben aktuell auf dem „Orts-Waschtisch“ lag. Während die Männer am Stammtisch die lokalen Neuigkeiten ausdiskutierten, palaverten die Frauen alle Themen rauf und runter. Wo was Neues angeschafft wurde, wer sonntags in der Kirche fehlte, welche Kinder die Schule schwänzten, wer sich mit wem unrühmlich getroffen hat oder ob ein Mann seine Ehefrau schlug etc. – nichts entging den „Waschfrauen“.


Wie man sich leicht vorstellen kann, wurde der eine oder die andere sprichwörtlich „durch die Mangel gedreht“.  Die Folge war, neben der sicherlich wertvollen sozialen Funktion, ein Bottich voller unterschiedlicher Synonyme für „Waschfrauen“, die heute noch im alltäglichen Gebrauch sind. Einige sollen hier stellvertretend genannt sein: Du altes Wäschwieb, Klatschtante, Quasselstrippe, Schwatzbase, Labertasche, Schnattergans, Plappermaul und einige mehr. Sehr häufig als Schimpfwort für einen zum Tratschen neigenden Menschen benutzt, aber auch einfach eine saloppe Bezeichnung für sich unterhalten, schwatzen. Dazu zählen auch die Begriffe „Gewäsch“ und „Wischiwaschi“.
Viele wurden lautmalerisch aus den Geräuschen abgeleitet, die eben beim Waschvorgang entstanden sind: Waschen, klatschen und tratschen.
Mit der Verbreitung der Waschmaschine zum erschwinglichen Massenprodukt, sowie der Entwicklung von biologisch abbaubaren Wasch- und Bleichmitteln, wurde die „schmutzige Wäsche“ fortan privat gewaschen. Zeitzeugen berichten: Das Waschen ist mit Sicherheit viel bequemer und leichter geworden, aber auch deutlich einsamer.


Als der Trockner kam

Der Plausch mit der Nachbarin über den Zaun hinweg beim Aufhängen der Wäsche wurde auch bald schon vom Einsatz des Wäschetrockners abgelöst. Bereits Anfang der 60er Jahre gab es die ersten Modelle, doch es dauerte noch viele Jahrzehnte bis er sich durchgesetzt hat. Im Jahr 2017 waren erst 42,2% der Haushalte mit einem Trockner ausgestattet.

Es darf hier zudem noch festgehalten werden, wie tief verankert Reinlichkeit und Fleiß einer „guten Hausfrau“ zu einer Beurteilung dieser führte. So hat meine Frau selbst noch in den 80er Jahren von Oma das Kompliment zu hören bekommen: „Joooh – hosch du ä schäne wieße Wäsch! So isch´s reät!“ Nicht selten wurde über angegraute oder vergilbte Wäsche und infolgedessen über die Wäscherin geurteilt: „So ä fule Mischte!“

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