Treffpunkt Kirche

Früher war alles ganz einfach. Ein Dorf, ein Pfarrer, eine Kirche (die man bekanntlich immer im Dorf lassen sollte). Diese Konstellation hatte in Luwigshafen Bestand bis 1965.
Kirche und Pfarrer waren römisch-katholisch, das Dorf damals aber schon zu 25% protestantisch und zu 5% „andersgläubig“ (Quelle: LEO-BW). Doch Kirchengebäude für andere Konfessionen gab es noch nicht. Die evangelische Glaubensgemeinschaft feierte ihren Gottesdienst in einer Bartingschen Notkirche ohne alles überragenden Glockenturm bis im Jahre 1965 die Evangelische Kirche Richtfest feierte. Das neuapostolische Gotteshaus wurde 1984 eingeweiht.

Daher war lange Zeit klar: „Treffpunkt Kirche“ bedeutet katholische Kirche St. Otmar. Bei allen und jedem. Und weil alte Gewohnheiten neuen Entwicklungen meist hinterherhinken, scheint sich daran bis heute wenig oder nichts geändert zu haben. Wenn es also heißt: “Treffe dommer uns a de Kirchä”, ist ganz sicher die katholische Kirche gemeint. Ansonsten bedarf es einer weiteren Erklärung.

Vielleicht hat das ja auch damit zu tun, dass sich diese an einem Platz befindet, der einstmals als Ortszentrum empfunden wurde, wo sich Kirche, Rathaus, Schule und Grand Hotel zusammengefunden hatten. Und nicht zu vergessen: Die Kirche St. Otmar steht auf Bauteilen aus dem 13./14. Jh. und wurde bereits im Jahre 1155 erstmals urkundlich erwähnt.

Doch auch wenn man von „dem Pfarrer“ sprach, war es -zumindest in meinem Fall- bis vor kurzem so, dass mir nur ein einziger in den Sinn kam, nämlich der katholische. Und daher hätte ich fast einmal einen dicken Bock geschossen, als ich einen Mann zurechtwies, der verbotenerweise mit einem Fahrzeug sein Boot am Waschplatz ins Wasser lassen wollte.
Als er mir antwortete : „Es tut mir leid, ich bin hier der neue Pfarrer“, war ich kurz davor zu sagen: „Verarschen kann ich mich selber. Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Wir haben keinen neuen Pfarrer.“ Doch dann fiel mir gerade noch rechtzeitig ein, dass in der Zeitung gestanden hatte, die evangelische Kirche bekomme einen neuen Pfarrer.

Im Nachhinein bin ich über meine eingeschränkte Wirklichkeitswahrnehmung von damals selbst verwundert. Denn dieser Pfarrer war zwar neu, aber es war nicht der erste und einzige evangelische Pfarrer in Ludwigshafen. Vor ihm gab es (nach der Gründung der BRD) wohl schon ein halbes Dutzend anderer, die hier lange Jahre ihren Dienst versehen und eine vorübergehende Heimat gefunden hatten.

Inzwischen hat sich viel geändert. Von einem Verhältnis „ein Pfarrer – ein Dorf – eine Kirche“ können die Pfarrherrn von heute nur träumen.
Bei der katholischen Kirchengemeinde betreut inzwischen ein Pfarrer vier Ortschaften (Bodman und Ludwigshafen, Espasingen und Wahlwies).
Zur evangelischen Kirchengemeinde gehören nicht weniger als sieben Ortschaften. (Bodman und Ludwigshafen, Bonndorf, Espasingen, Nesselwangen, Sipplingen und Wahlwies.)
Das neuapostolische Gotteshaus in Ludwigshafen, hingegen, wurde in jüngster Zeit aufgegeben. Seit Ende 2015 finden dort keine Gottesdienste mehr statt. Ihr Abriss wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die neuapostolische Kirchengemeinde von Bodman-Ludwigshafen hat sich mit der aus Stockach zusammengeschlossen.

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