Das Volk marschiert!

Das Wandern ist nicht nur des Müllers Lust. Es muss ein schlechter Naturfreund sein, dem niemals viel das Wandern ein, bei diesen wunderschönen Herbsttagen. Wie ein Magnet ziehen spätsommerliche Temperaturen und bunte Herbstwälder viele Menschen ins Freie.

Überfüllte Parkplätze rund um die Sernatingen-Schule, Menschmassen auf den Straßen und Waldwegen, ein voll belegter Schulhof, sowie Verpflegungsstationen alle paar Kilometer – das waren viele Jahre Bilder vom Volkswandertag in Ludwigshafen.

Ende der sechziger Jahre wurde das Volkswandern in vielen Orten Süddeutschlands sehr beliebt und es entwickelte sich über Jahrzehnte zu einem regelrechten Boom für alle Altersgruppen. Auch in Ludwigshafen machte diese Wanderfreude nicht halt und so wurde am 1. Mai 1970, unter der Regie vom Turnverein Ludwigshafen (TVL), der erste internationale Volksmarsch mit großem Erfolg durchgeführt.

Einzelwanderer, ganze Familien oder auch Wandergruppen machten sich auf den Weg, um die Strecken über 10 oder 20 km anzugehen. An verschiedenen Kontrollpunkten, mit guter Verpflegungsmöglichkeit, konnten die Stempel für den Streckennachweis abgeholt werden.

Die hiesigen Wanderstrecken wurden von vielen Teilnehmern als die schönsten im süddeutschen Raum gezählt. Sogar aus Österreich, Holland, der Schweiz und Frankreich kamen regelmäßig Wanderfreunde nach Ludwigshafen. Bei schöner Wetterlage kamen bis zu 4.500 – 5.000 Teilnehmer zum örtlichen Volksmarsch – eine gigantische organisatorische Leistung. Bei jedem Volksmarsch gab es schöne Erinnerungs-Medaillen, die nach Möglichkeit mit heimischen Motiven, wie z.B. dem Stettelberger, dem Nebelmännle oder dem Reiter vom Bodensee, gestaltet waren.

Es gab aber auch so manche kuriose Szene bei den Volkswanderungen. Die Parkplätze rund um das Schulgelände waren schnell belegt und so mussten die Teilnehmer durch die Feuerwehr in die umliegenden Straßen und die weiter entfernten Parkplätze verwiesen werden. So mancher Feuerwehrmann musste sich den bösen Worten von übereifrigen Teilnehmern erwehren. „Das sei ja eine Zumutung, mehrere hundert Meter zum Startpunkt zu laufen“. Meist blieb der Feuerwehrmann, zwar cool, aber mit einem Stirnrunzeln zurück und auf der Suche nach einer Erklärung, da doch 10 bzw. 20 km bevorstanden und die paar Meter zum Startpunkt gut für’s Warmlaufen waren. Ebenfalls gab es ab und zu den Hinweis, man sei in zeitlichem Stress, da dies ja nur einer von drei Volksmärschen an diesem Tag sei. Das waren aber wirklich Ausnahmen bei diesen 15 internationalen Volksmärschen mit über 60.000 Teilnehmern, die alle nebenbei unsere wunderschöne Heimat kennenlernen durften. Viele kamen als Übernachtungstouristen wieder zurück.

Verschiedene Wander-Medallien werden heute bei eBay gehandelt

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